Verstand verloren?

 

Dank der Chicago-Erklärung ist in vielen (angeblich) „bibeltreuen“ Gemeinden die Geringschätzung des Verstandes in Glaubensdingen üblich. Der folgende Briefwechsel mit einer studierten Theologin und „Seelsorgerin“ macht deutlich, welche Auswirkungen diese Einstellung auf die Fähigkeit zum Argumentieren und wie mangelhaft die Seelsorge nach evangelikaler Indoktrinierung werden kann. Ein wahrer Griff ins Klo!

1a Mein erster Brief (Heilsgewissheit ist durch Stellen des Hebräerbriefes gefährdet: Lösungsvorschlag)
1b Die erste Antwort der Seelsorgerin (Vertrauen entgegen offenbarer Drohungen ist möglich)
2a Mein zweiter Brief (Der Hebräerbrief droht konkret den endgültigen Verlust der Gnade an – Sie behaupten das Gegenteil: worauf soll man da vertrauen?)
2b Die zweite Antwort der Seelsorgerin (Wer sich „an Jesus hält“, darf die Drohungen ignorieren)
3a Mein dritter Brief  (Ohne Auflösung der Bedrohung kein Vertrauen möglich)
3b Von der Seelsorgerin kommt keine Antwort mehr

Mein erster Brief an Bibel-TV
(Heilsgewissheit ist durch Stellen des Hebräerbriefes gefährdet: Lösungsvorschlag)

Liebe Geschwister [von Bibel-TV],

mein Vater und ich sehen immer wieder gerne die Gottesdienstsendungen in Bibel-TV… Am Ende des Gottesdienstes wurden die Hörer aufgefordert, per Mail mitzuteilen, was sie bewegt. Das tue ich hiermit.

Ich habe großen Respekt vor den Geboten Gottes. Dennoch machte mir der Hebräerbrief mein Leben lang  schreckliche Angst. Luther hat das Problem auch gesehen:  er hat festgestellt, dass die drei Drohungen im Hebräerbrief, die sagen, dass es möglich ist, dass reuige Sünder nicht mehr angenommen werden (Hebr 6,4 / 10,28 /  12,17), ein schwerer Schlag gegen die Heilsgewissheit sind und die Verheißung Jesu aufzulösen drohen.

Wie passen die Drohungen zusammen mit der Einladung: „Wer zu mir kommt, den werde ich niemals hinausstoßen …“ (Joh 6,37)  „Kommt her zu mir ALLE, die ihr mühselig und beladen seid… ? (Mt 11,28)

Wer definiert, was „Abfall„, „mutwillig sündigen„, „unwiderrufliches Verkaufen der Erstgeburt“ ist?

Wieviel Gläubige drehen große Kurven in ihrem Leben, sind vom Glauben  zeitweise völlig bedient und leben in Phasen völliger Gottesferne, um dann wieder sich dem Glauben zuzuwenden…

Aus der Bibel kann man genug Negatives ziehen, auch mit manchen Christen genug Negatives erleben…  Ich kann verstehen, wenn dann jemand die Bibel für unglaubwürdig hält und als Ausgleich für die jahrelange Enge und Verklemmtheit endlich einmal richtig schön weltlich lebt.

Dürfen diese Leute noch vertrauen oder nicht, wenn sie einsehen, dass das falsch war? Wenn die Bibel sagt, dass „sogar der Gerechte kaum gerettet wird und wo wird da der Sünder erscheinen“ (1.Petr 4,18)… Ich kannte Christen von größter Treue, die fast alles was sie hatten, opferten für das Reich Gottes sogar ihr Leben in Gefahr brachten, um anderen Menschen das Evangelium zu bringen. Selbst diese würden nur mit knapper Not gerettet werden. In dieser Perspektive erscheint eine sehr enge Auslegung des Hebräerbriefes plausibel.

Auch ich glaubte am Ende, mit der Hölle rechnen zu müssen. Das ständige Wechselbad zwischen Drohung und Tröstung machte mich unfähig, Jesus zu lieben, und jeder, der „Jesus nicht liebt, ist ja verflucht“ (1.Kor 16,22). Was können da die Beteuerungen wohlmeinender Ausleger garantieren? Wer garantiert, dass sie mehr als subjektive Wunschvorstellung sind? Wie soll man mit widersprechenden Aussagen zum Heil leben: wer kann sich damit trösten, dass er „wahrscheinlich nicht“ in die ewige Qual kommt? Das ist ein wirkliches Problem – zwei Wahrheiten in der Bibel, die einander aufzulösen scheinen.

Luther hat gesehen, dass hier eine Lösung gefunden werden muss, wenn Gläubige nicht verzweifeln sollen. Er hat deshalb in seiner Vorrede zum Hebräerbrief diesen als apokryphe Schrift klassifiziert, als Schrift gut zu lesen, aber eben auch  mit Bedenklichem behaftet. Er konnte sich bei seiner Einschätzung sogar auf „die Alten“, d.h. auf etliche bedeutende Kirchenväter berufen, die das auch so sahen: https://matth2323.de/luthers-bibelverstaendnis/

Diese Lösung werden viele Gläubige nicht übernehmen können – die meisten werden einen Eingriff in den Kanon für zu schwerwiegend halten. Eine verträglichere Lösung wurde mit einem UPDATE des bibeltreuen Schriftverständnisses versucht, eine überzeugende Rangbestimmung biblischer Aussagen durch die Qualitätsstandards Jesu in Mt 23,2 ermöglicht, ohne in materialistisches Fahrwasser zu geraten: https://matth2323.de/update/

Wir haben diesen Vorschlag an einige bibelgläubige theologische Institute geschickt, und gebeten, die Vorschläge zu diskutieren und zu bewerten.  Gläubige können dann beide Schriftverständnisse kennenlernen und Vor- und Nachteile vergleichen, um sich dann für das zu entscheiden, was ihrer Seele am ehesten wohltut:  https://matth2323.de/modelle    Dort ist auch eine Grafik dazu finden.

Doch bis heute hat man unsere Briefe nicht beantwortet bzw. nur grundsätzliches Desinteresse bekundet, ohne etwas zu prüfen. Ich kann das nicht verstehen. Gläubige werden hier ohne Hilfe gelassen, die ihnen vielleicht helfen könnte. Sie bekommen nicht einmal die Chance das auszuprobieren. So dürfen sie sich weiter quälen und können etwas Erleichterung nur durch den massiven Einsatz von schweren Psychopharmaka  bekommen.

Warum kann man auf diesen Lösungsversuch nicht eingehen? Ist das nicht auch eine  Wahrheit – eine schreckliche – dass man Gläubige in dieser Not ganz allein lässt, ohne alle Möglichkeiten der Hilfe auszuprobieren? Offenbar macht man sich mit diesem Versuch in der Evangelischen Allianz unbeliebt. Es wird höheren Orts nicht gewünscht, ohne dass jemand mal offen sagt, warum.

Dabei sagten Sie ganz richtig: „Christen stehen zur Wahrheit, koste es was es wolle.“

Wie schön, wenn das wirklich der Standard in der Gemeinde Jesu wäre!

Es würde mich freuen, wenn Sie www.matth2323.de per email oder Verlinkung anderen Gläubigen, insbesondere Seelsorgern und christlichen Ärzten zur Überprüfung weiterempfehlen könnten. Strenge Kritik ist ausdrücklich erwünscht! Dazu wurde auch eine Hinweisseite vorbereitet: https://matth2323.de/hinweis

>Mit freundlichem brüderlichen Gruß

Christian Rahn

 

1b. Antwort der Seelsorgerin auf den ersten Brief
(Vertrauen entgegen offenbarer Drohungen ist möglich)

Lieber Herr Rahn,

vielen Dank für Ihre Gedanken zum Gottesdienst …

Sie beschreiben Ihre Zweifel, Ängste, Sorgen im Blick auf einem möglichen Abfall von Jesus und ob diejenigen, die es betrifft, bei Jesus noch eine Chance haben. Und finden in der Bibel dazu widersprüchliche Aussagen. Das ist in der Regel nicht so ungewöhnlich.

Denn die Frage ist, wer sind die Adressaten? Der Hebräerbrief wirbt um Menschen, denen Verfolgungen drohen, [ermahnt sie], an Christus festzuhalten und zeigt, was für einen Herrn wir haben: er ist das unübertroffene Wort Gottes, das Opfer, der Hohepriester usw. – wenn ich so einen Herrn habe, ist es nicht nachzuvollziehen, dass ich Jesus aufgebe, von ihm lasse. Das sieht Paulus genauso, wenn er im Römerbrief schreibt (K. 8): was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal, Angst… – nein, sagt Paulus, Jesus liebt mich – er lässt mich nicht los.

Doch das beinhaltet auch: Ich selbst kann mich von Jesu Liebe trennen, indem ich der Angst glaube – Paulus wirbt dafür, auf Jesu Liebe zu schauen.

Jesus selbst hat gesagt: (Mt. 7, 21) „Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel.“

Der Prediger des Gottesdienstes erwähnte, dass die Wahrheit eine Person ist – sprich Jesus Christus – und darum geht es, an Jesus festzuhalten. Und damit, Jesus zu vertrauen. Das macht mich gewiss, dass er mich festhält.

Was allerdings stimmt, ist, es gibt keine Sicherheit. Deshalb meine Frage – suchen Sie vielleicht eine Sicherheit? Doch die gibt es in keiner Beziehung. Selbst Ehepaare, die bis zu ihrem Tod zueinander  stehen wollten, haben sich z. T. getrennt. Beziehungen basieren auf Vertrauen, Liebe und einem Versprechen.

Falls Sie Sicherheit suchen, wäre für mich die Frage, ob Sie nicht bereit sind, dieses Sicherheitsdenken aufzugeben? z.B. so: Jesus zu bekennen, dass es mir um Sicherheit statt Vertrauen ging und ihn dafür um Vergebung zu bitten und ihn zu bitten, mir stattdessen seine Liebe zu schenken.

Liebe eröffnet einen Weg der Liebe, des Vertrauens und der Freiheit, der auch aushält, mit offenen Fragen zu leben, denn er kennt die Person, die er liebt.

Nochmal eine Bibelstelle: 2. Tim. 1,7: Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit – das spricht dafür, sich nicht der Angst hinzugeben, sondern der Liebe.

Mit der überzeugenden Rangbestimmung – machen Sie etwas, was Luther auch gemacht hat: einen Maßstab an die Bibel anlegen und danach einteilen, was ist wichtiger und was ist nicht so wichtig.

Die Frage für mich ist, ob ich mit meinem Verstand alles erfassen kann und auch muss oder ob ich nicht Grenzen einfach akzeptieren kann, weil ich weiß, ich vertraue dem, der alles zusammenbringt, was ich nicht zusammen bringen kann.

Die Bibel hat gegenüber meinen Überlegungen und Verstehensmöglichkeiten immer Vorrang.

Hebräisches Denken zeichnet sich dadurch aus, dass man sich widersprechende Aussagen einfach nebeneinander stellen kann, ohne sich daran aufzureiben – und das obwohl, Juden sehr „spitzfindig“ sein können.

Die entscheidenden Begriffe in der Bibel sind Beziehungsbegriffe – d.h. z. B. Gerechtigkeit meint – Gott wird mir gerecht, ich werde Gott gerecht. Sünde heißt z. B., ich werde Gott nicht gerecht. Soweit mal.

Liebe Grüße und Gottes Segen für Sie,

 

2a.  Mein zweiter Brief an die Seelsorgerin
(Der Hebräerbrief droht konkret den endgültigen Verlust der Gnade an – Sie behaupten das Gegenteil: worauf soll man da vertrauen?)

Liebe Frau …

Ich bitte Sie einmal genau hinzusehen. Der Hebräerbrief hat Stellen wo er „wirbt“ und einlädt, z.B. damit, den Glaubensvorbildern zu folgen. (Hebr.11) Der Hebräerbrief hat aber auch Stellen, wo er nicht wirbt, sondern droht, und zwar damit, dass „wir (Gläubigen) fortan kein anderes Opfer mehr für die Sünden haben, sondern ein schreckliches Warten auf das Gericht, welches die Widersacher verzehren wird.“ (Hebr 10,28-29)

Die Bedingung, dass man „kein anderes (stellvertretendes) Opfer mehr hat„, wird auch genannt:“wenn wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben“ (V.28) Bei mutwilliger Sünde nützt das Vertrauen auf das Opfer Jesu nichts mehr. Das ist der Wortsinn.

Jetzt mal ein paralleles Beispiel im AT: Die Israeliten murrten, als Josua und Kaleb von den „Riesen“ im Land Kanaan berichteten. Deswegen beschloss Gott, sie nicht in das Land zu führen. Sie sollten in der Wüste sterben.

Nun rafften sie all ihren Glauben zusammen und sagten Mose, es täte ihnen leid, sie würde jetzt doch kämpfen. Mose warnte sie, es nicht zu tun. Aber sie zogen trotzdem aus zum Kampf im Vertrauen auf die (vorige) Verheißung und kamen um. (Num 14,40 ff) Der Hebräerbrief knüpft daran an und warnt, dass „sie nicht hineinkommen konnten um ihres Unglaubens willen„. (Hebr 4,1-8) Das verspätete Vertrauen nützte gar nichts, da die Verheißung inzwischen aufgrund der Sünde des Murrens von Gott widerrufen worden war.

Im Falle des „mutwilligen Sündigens“ (was immer das ist) wird die Verheißung der Sündenvergebung klar und deutlich zurückgenommen. Auch für Gläubige bleibt dann nur das Warten auf das schreckliche Gericht.

Und jetzt behaupten Sie, dass Gläubige, die „mutwillig gesündigt“ haben, sich mit Vertrauen den Zugang zur Vergebung erzwingen können, – entgegen den Worten des Hebräerbriefes ! – dass sie doch ein anderes, stellvertretendes Opfer haben und nicht dem schrecklichen Warten ausgesetzt sein müssen? Stellen Sie nicht damit Ihre Ansichten über den Hebräerbrief?

Dabei haben Sie in Ihrem Brief doch schon selber geschrieben, dass wir in der Bibel widersprüchliche Aussagen zum Heil haben. Was machen wir nun damit?

Auf widersprüchliche Texte reagiert kein Mensch mit Vertrauen. Wenn er sich sicher fühlen will, dann kann er nicht beiden Aussagen den gleichen Rang zuerkennen. Er wird der positiven Aussage höheren Rang zuweisen und die andere als nebensächlich oder unbedeutend verdrängen.

In welcher Situation die negative Aussage höheren Rang bekommen könnte (der Hebräerbrief spricht diese Möglichkeit ja ausdrücklich mit seiner Warnung an) bleibt unklar. Nun mal die Frage: Würden Sie im Alltag einen solchen Vertragstext unterschreiben, deren Klauseln sich massiv widersprechen? Oder würden Sie sich für dumm verkauft fühlen?

Sie argumentieren „in keiner Beziehung gibt es Sicherheit, man muss vertrauen, aber es ist immer die Möglichkeit des Scheiterns da“. Glauben Sie im Ernst, dass auch nur eine einzige vertrauensvolle Beziehung entstehen würde, wenn der werbende Bräugigam seiner Geliebten ein Gemisch aus liebevoll-zärtlichen Versprechungen und dubiosen Mitteilungen ins Ohr flüstert, die mit ihrer völligen Vernichtung drohen?

Frgen Sie mal dazu Hinz und Kunz. Ich denke, das Ergebnis ist vorhersehbar. 100% der Befragten werden sagen: Unter diesen Bedingungen entsteht überhaupt kein Vertrauen.

Keine Frau, wenn sie auch nur etwas bei Verstand ist, wird sich auf so einen Bewerber einlassen. Auch nicht wenn er hinzufügt: „gib dich nicht der Angst hin, sondern der Liebe. Gott hat uns ja nicht einen Geist der Furcht gegeben“ oder „Liebe eröffnet einen Weg der Liebe, der es aushält, mit offenen Fragen zu leben?“ oder „gib dich damit zufrieden, dass du mit dem Verstand nicht alles erfassen kannst“ oder „hebräisches Denken zeichnet sich dadurch aus, dass widersprechende Aussagen nebeneinander stehen bleiben können.“ Jede Frau, wenn sie noch bei Verstand ist, wird den Bewerber mit seinem „ausgezeichneten hebräischen Denken“ in der Wüste stehen lassen und andere Bewerber in die nähere Wahl ziehen.

Ist der Vergleich mit einer Beziehung zwischen Mann und Frau so abwegig? Nein, er ist völlig biblisch. Die Beziehung zwischen Jesus und Gemeinde wird mit der Gemeinschaft von Braut und Bräutigam verglichen..Und von Jesus habe ich den Eindruck gewonnen, dass er sehr alltagsbezogen und nicht abgehoben argumentiert.

Die Verzweiflung Luthers und vieler anderer Gläubiger bis heute entsteht an diesem objektivem Faktum der Widersprüchlichkeit, und nicht deshalb „weil sie Grenzen nicht akzeptieren können.“

Deswegen bleibt die Frage: wie finden wir aus der Widersprüchlichkeit heraus?

Wie finden wir aus der Widersprüchlichkeit heraus? Diese Frage sollten Sie sich auch stellen, wenn Sie anderen helfen wollen.

Den Rat, den Sie de facto geben, ist in etwa der: Seien Sie einfach optimistisch und lesen und denken Sie nicht zuviel! Aus Ihrem Brief geht hervor, dass Sie selbst offenbar keine Angst haben. Sie haben eine optimistische Veranlagung. Dazu kann man Sie beglückwünschen. Sie macht das Leben viel, viel leichter.

Die Kehrseite der Medaille ist, dass Sie die Verzweiflung und Seelennot anderer Menschen genauso ausblenden wie destruktive Texte. Es ist bei Ihnen wenig Interesse spürbar, gründlich und effizient zu arbeiten, um der quälenden Not dieser Menschen schnellstmöglich und effizient ein Ende machen. Wenn Ihr Partner oder Ihr Kind persönlich betroffen wäre und Sie das Leid mit eigenen Augen sähen, dann würden Sie sicherlich anders reagieren.

Sie lesen die Bibel selektiv. Das verrät der Satz: „Die Bibel hat gegenüber meinen Überlegungen und Verstehensmöglichkeiten immer Vorrang.“

Wie kann sie „als Ganzes“ Vorrang haben, wenn sie zum Heil widersprüchliche Aussagen macht und beide Aussagen um den Vorrang konkurrieren?

Eine überzeugende Rangbestimmung kritisieren Sie als „fragwürdige menschliche Maßnahme“.

Wie kommen Sie darauf? Ihre Behauptung lässt sich auf der Basis der Heiligen Schrift widerlegen: Denn dieses Verfahren wird uns im Neuen Testament selbst vorgestellt.

Ursprünglich war es im Gottesdienst so, dass mehrere Brüder eine Botschaft von Gott empfingen. Obwohl es sich hier um mündliche Inspiration handelte, sollte die Botschaft von den anderen sogleich geprüft werden. “Von den Brüdern, die Gottes Weisungen empfangen, sollen nur zwei oder drei sprechen; die anderen sollen das Gesagte deuten und beurteilen (και οί άλλοι διακρινέτωσαν).” (1.Kor 14,29)

Beurteilen!!! Obwohl es sich auch hier um Inspiration handelte! Dies zeigt uns, dass die Übertragung von Information aus der unsichtbaren in die sichtbare Welt in irgendeiner Weise schwierig war. Paulus redet von „unaussprechlichen Worten“ (2.Kor 12,4). Er sah reale Dinge, aber es schien ihm unmöglich, es so zu formulieren, dass es nicht missverstanden wurde. Deswegen sollte auf den Vortrag des Geschauten noch eine Beurteilung durch die Gemeinde folgen, um die Botschaft zu überprüfen.

Womit? Natürlich mit den Maßstäben Jesu, denen Er selbst den höchsten Rang zuerkannt hat. (Mt 23,23). Mit was denn sonst?

Das genaue Lesen und Vergleichen biblischer Texte führt zum selben Ergebnis. Der Leser stellt fest, dass Texte der Bibel unterschiedlichen Rang und verschiedene Funktion haben. Texte können einen gleich hohen Rang haben wie die Maßstäbe Christi, z.B. Aussagen über die fünf fundamentalen Heilstatsachen, die zur Begründung lebendigen Glaubens genügen. Viele Texte haben aber auch einen geringeren Rang wie z.B. Texte mit vorläufiger Aussage, die später in der Bibel korrigiert oder neugefasst werden. („Schatten-Texte“) Es gibt auch Texte mit dem Rang „Null“, die eigentlich nur zeigen, wie der Gläubige nicht handeln darf. Solche Texte gibt es auch in der Bibel. Diese Texte dienen zur Übung des Urteilsvermögens des Gläubigen (No-comment-Stil). (siehe Näheres unter www.matth2323.de/bibelverstaendnisse/ )

Sie würden das auch erkennen, wenn Sie sich die Mühe machten, die Texte im einzelnen nachzuprüfen. Zweifellos stoßen wir in der Bibel immer wieder auf Grenzen, die wir respektieren müssen, insbesondere über Dinge der unsichtbaren Welt (Dreieinigkeit, Heilsplan, Theodizee usw.)

Doch das rechtfertigt nicht, – wie in der evangelikalen Szene üblich – den Verstand viel zu früh abzuschalten. Der Verstand ist eine Gottesgabe (Jak. 3,1). Das merkt man schmerzlich im Alter, wenn seine Leistungsfähigkeit nachlässt. Ich merke es schmerzlich, wenn ich merke, dass Gläubige in sinnloser Verzweiflung hängenbleiben, bloß weil man in dieser wichtigen Frage Sorgfalt vermissen lässt.

Mit vorzeitigem Abschalten macht man es sich selbst sehr bequem und man verliert auch den Gewinn, den der Seelsorger selbst aus der Seelsorge ziehen könnte, nämlich die Möglichkeit, Mängel in den eigenen Ansichten zu erkennen und nachzubessern.

Um das möchte ich Sie abschließend bitten, schauen Sie bitte bei www.matth2323.de/resultate nach, warum der von uns vorgeschlagene Rettungsweg sinnvoll ist, und nutzen Sie die Kommentarfunktion. Beweisen Sie dass dieser Lösungsansatz falsch ist, wenn Sie dies meinen.

Wir veröffentlichen alle kritischen Kommentare, denn wir können uns eine offen und ehrliche Gesprächskultur leisten.  Welche bBibeltreuen Internetseiten haben dieses Niveau?  Fast alle stellen sich tot, wenn kritische Anfragen kommen. Das soll nun die „ehrliche Rechenschaft“ (2.Kor 4,1-2) sein, die Paulus für selbstverständlich hielt? Wohl kaum!

Das ist das etwas ganz anderes, nämlich das elende Vermächtnis der Chicago-Erklärungstheologen: einer hat Angst vorm anderen, nicht mehr als „linientreu“ angesehen zu werden, keiner kann zugeben, welche ungeistlichen Früchte diese Theologie inzwischen hervorgebracht hat. Und deswegen sammeln sich verzweifelte Gläubige nun bei weltlichen Psychiatern, wo sie wenigstens ihr Leid beklagen dürfen.

Lesen Sie doch einmal eine typische Krankengeschichte: die Broschüre „Zuschauen beim Absturz“ (www.matth2323.de/broschüren) Oder lesen Sie nach bei Tilman Moser, „Gott auf der Couch“ oder „Der grausame Gott und seine Dienerin“)

Wir haben seit 15 Jahren zum Thema Pfarrer angeschrieben. Von 1000 Zuschriften erhält man kaum eine einzige vernünftige Antwort.

Auch ich habe eine lange grausame Krankengeschichte hinter mir, habe zahllose Seelsorger deswegen konsultiert. Außer Optimismus und widerlegbaren Behauptungen habe ich nichts Hilfreiches bekommen. Eines Tages fand ich den Weg zu neuem Vertrauen mit der unter www.matth2323.de/resultate skizzierten Methode, die diese Internetseite vorstellt, eine Methode, die an die Prioritäten Jesu anknüpft.

Und ich mache immer wieder die traurige Erfahrung, dass Seelsorger, die keine oder nur sehr dürftige Antworten haben, sich nicht im geringsten dafür interessieren.

Mit freundlichem Segenswunsch

Christian Rahn

 

2b. Antwort der Seelsorgerin auf den zweiten Brief
(Wer sich an Jesus hält, darf die Drohungen ignorieren)

Lieber Herr Rahn,

danke für Ihre Antwort. Auf meine Kernfrage sind Sie nicht eingegangen – nämlich, ob Sie mit Ihrem Anliegen Sicherheit suchen? Nach dem, was Sie schreiben, verdichtet sich dieser Eindruck für mich.

Ich kann  Widersprüche in der Regel nicht aushalten, wenn ich Sicherheit brauche. Und warum brauche ich sie? Haben Sie sich diese Frage selbst gestellt?

Ich empfinde das, was Sie im Blick auf den Hebräerbrief schreiben nicht als Drohung, sondern als Konsequenz, so wie Paulus und Jesus es auch beschreiben, dass wer das letzte Opfer ausschlägt, das Jesus gebracht hat, in der Hölle leben wird.

Wer sich an Jesus hält, der braucht sich darüber keine Gedanken zu machen. Und wer zu Jesus zurückgefunden hat, auch nicht. Es gibt aber Leute, die sich von Jesus abwenden und nicht mehr zurückfinden und dann sterben – was bei einer Christenverfolgung oder einem Krieg oder einer schweren Krankheit nahe liegt, und für die gibt es nach dem Hebräerbrief keine weitere Chance mehr.

Ich finde es sehr interessant, dass Jesus uns nirgendwo sagt, wir sollen alles, was in der Bibel steht, widerspruchslos vermitteln können, aber er fordert uns dazu auf, Gott, den Nächsten zu lieben, zu vertrauen und andere zum Glauben an ihn, Jesus, einzuladen.

Sicherheit werden Sie erst nach Ihrem Tod haben, bis dahin besteht die Einladung, Jesus zu vertrauen bzw. ihm zu glauben, was er sagt. Zweifel – z. B. bei Hiob oder Thomas, den Emmausjüngern überwindet Gott/Jesus z. B. dadurch, dass er ihnen begegnet, nicht durch ausgeklügelte Erklärungsmodelle. In diesem Sinne,

liebe Grüße und Gottes Segen für Sie …

3a. Mein dritter Brief an die Seelsorgerin
(Ohne Auflösung der Bedrohung kein Vertrauen)

liebe Frau ….,

Sie wollen etwas zu Ihrer „Kernfrage“ hören? Nun gut, ich beantworte sie Ihnen.

Wenn Sie sagen „Sicherheit gibt es nicht – erst nach dem Tod gibt es sie“ dann äußern Sie sich  zu dem Unterschied zwischen Glauben und Schauen. Es gibt keinen handgreiflichen Beweis, dass der Himmel, den man im Glauben erwartet, tatsächlich existiert. Soweit richtig. Wir können nicht auf einen persönlichen Kontakt mit den Zeugen der Auferstehung zurückgreifen, deren Integrität uns zumindest eine Beinahe-Gewissheit vermittelt hätte. Wir haben nur den biblischen Text, durch den wir lernen Liebe zu praktizieren. Dadurch erfahren wir mancherlei Segnungen und je mehr wir davon erfahren, desto stärker wird unsere Hoffnung, dass es tatsächlich ein Reich der Liebe und des Friedens gibt, in das wir nach dem Tod gelangen.  Es ist theoretisch aber denkbar, dass doch mit dem Tode alles aus ist. Jedenfalls widerlegbar ist das nicht. Wir können aber durch Fleiß dafür sorgen, dass unsere Hoffnung sehr stark wird, indem wir Worte der Liebe Jesu auf uns beziehen, uns darüber freuen und in dieser Freude dann auch anderen Liebe erweisen.  In dieser Frage bin ich in Bezug auf die Sicherheit mit Ihnen einig.

Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass manche Gläubige die einladenden Worte der Liebe Jesu gar nicht auf sich beziehen können. Sie finden  eben auch massive Drohungen in der Bibel und sie scheitern bei dem Versuch zu beweisen, dass diese Drohungen ihnen nicht gelten.

So bleibt der Widerspruch zwischen ermutigenden und beängstigenden Aussagen bestehen. Diese Gläubigen wissen gar nicht, was sie hoffen dürfen. Da die Angst bleibt, können sie keine Liebe praktizieren und erfahren folglich auch nicht die Segnungen der Liebe. Ihr Glaubensleben ist ruiniert, die Kräfte werden aufgezehrt, die Entmutigung wird chronisch.

Die Unterscheidung zwischen Glauben und Schauen macht hier keinen Sinn. Der Satz, dass es keine Sicherheit in Glaubensdingen gibt, macht hier keinen Sinn. In diesem Kontext gibt es gar keine „Glaubensdinge“. Der Zugang zum Glauben ist ja komplett versperrt, da sowohl die Einladung zum Glauben als auch der gefürchtete Ausschluss vom Heil gleichermaßen zum Gläubigen gelangen.

Deswegen muss eine Antwort auf die entmutigenden Bibelstellen gefunden werden – es hilft nichts, wenn wir eine objektiv vorhandene bedrohliche Wirkung ignorieren.

Die Bibel ist ein Bundesbuch, ihr Text ist ein Vertragstext, Verträge sind zu erfüllen, wenn sie nicht erfüllt werden, drohen Sanktionen und Strafen. Die Bedrohungen sind unterschiedlich streng: kein Frieden mehr im Herzen, Stagnieren der Gebeterhörung, Misslingen des ganzen Lebens (beim Bruch eines  Gelübdes z.B.), Krankheit oder ein schreckliches Warten auf das Gericht.

Für den Fall der „mutwilligen Sünde“ – die Gläubigen rätseln herum, was das ist, und sind durchaus nicht einer Meinung – „ist nur noch ein schreckliches Warten auf das Gericht da und kein Opfer mehr„.

Könnte man für die „mutwillige Sünde“ auch um Vergebung bitten, wozu dann die Warnung vor dem „schrecklichen Warten„? Wieso soll das Warten schrecklich sein, wenn es jederzeit sofort durch Buße beendet werden kann?

Wenn Sie mich nun fragen, ob ich ein Sicherheitsbedürfnis habe, so sage, ich habe genau so viel Sicherheitsbedürfnis wie der gläubige Luther, der sich fragte: wie kriege ich einen gnädigen Gott, und der sich gerade durch den Hebräerbrief schrecklich bedroht fühlte. Ich kenne auch andere Leute, die sich dadurch bedroht fühlen – da der Wortlaut im Hebräerbrief diese Bedrohung erzeugt. Dass man sich dann sicherer fühlen will und nicht damit leben will, mit 10%, 30% Wahrscheinlichkeit doch in der Hölle zu landen, ist eine ganz natürliche Reaktion. Wobei ich gerne zugebe, dass es viele Leute gibt, die Mühe haben, den Wortsinn zu verstehen, den Luther sofort erkannte, und die deshalb auch keine Bedrohungsgefühle entwickeln.

Für Sie indes ist es -wie es scheint – ein Anlass des höchsten Erstaunens, dass jemand alles tut, um das Gefühl der Bedrohung zu verringern.

Solange ich die übliche bibeltreue Theologie vertreten habe, konnte sich die Angst nicht auflösen. Ich habe mich deshalb jahrelang um einen neuen Denkansatz („Update“) bemüht und erst damit wieder Zuversicht gewonnnen, und würde gerne damit auch andern helfen, die immer noch mit ihrer Angst in der Psychiatrie sitzen.

Jetzt sagen Sie: Sie „empfinden den Hebräertext nicht als Bedrohung“, sondern als irgendetwas anderes. Sie bewerten einen Vertragstext mit Gefühlen, anstatt den Wortsinn mit Wortsinn zu widerlegen. Weil Sie optimistisch sind, müssen es andere auch sein?

Sie versuchen die „mutwillige Sünde“ zu definieren: „Wer das Opfer Jesu ausschlägt, nicht haben will, usw.“  unter bestimmten Bedingungen wie Christenverfolgung und Krieg usw. … der ist selbst schuld, wenn er nicht gerettet wird.

Das gibt der Text nicht her, sondern Sie fügen alles eigenmächtig ein. Ehe Sie das tun, sollten Sie erst einmal Informationen aus der Textumgebung ausschöpfen.

Die „mutwillige Sünde“ wird im Zusammenhang mit der Lästerung des hlg.Geistes genannt, von der Jesus sagte, dass sie unvergebbar sei im Gegensatz zu allen anderen Sünden. Alle anderen Sünden, so schlimm sie sein mögen, können bereut und vergeben werden, aber diese eine eben nicht. Die „mutwillige Sünde“ liegt also auf einer Ebene mit der unvergebbaren, unwiderruflichen Lästerungssünde. Auch die anderen Hebräerstellen, die ich Ihnen schon detailliert geschrieben habe, unterstreichen die Unwiderruflichkeit.

Esau wollte nachträglich den Segen, „suchte ihn sogar mit Tränen„, mit Bitten und Betteln, aber bekam ihn nicht mehr. Die Israeliten wollten nachträglich das Land erobern, taten also Buße, setzten sich dafür sogar dem Risiko schwerer Verwundungen aus, aber die Verheißung galt nicht mehr, alle kamen um. Das sind Beispiele, die der Hebräerbrief auch nennt, um die Unwiderruflichkeit des Gerichts zu unterstreichen.

Sie aber wollen mir hier allen Ernstes erzählen, dass die Unwiderruflichkeit darin besteht, dass die Sünder nicht zurückkehren WOLLTEN?

Esau wollte, die Israeliten wollten. SIE ALLE WOLLTEN. Fällt Ihnen das nicht auf?

Wenn alle Sünden ausnahmslos durch die Umkehr vergeben werden, dann kann es auch keine herausgehobene Sünde mit einer spezifischen Eigenschaft (Wortsünde, Lästerungssünde) geben, die als unvergebbare Ausnahme bezeichnet wird.

Sie behaupten, dass „wir Sicherheit erlangen, indem Jesus uns begegnet wie dem ungläubigen Thomas oder den Emmausjüngern.“

Ist Ihnen wirklich noch nicht aufgefallen, dass solche handgreiflichen Jesuserscheinungen und -begegnungen vor 2000 Jahren stattgefunden haben und heute nicht mehr – wobei ich nicht ausschließen will, dass einzelne Menschen  – vielleicht 1 von 1 Million Menschen – dies sehr, sehr selten als besonderes Wunder auch heute noch erleben können?

In den Psychiatrien findet aber man viele Gläubige, die gerne glauben wollen, denen aber der Hebräerbrief heillose Angst einjagt und denen auch kein Jesus sichtbar erscheint, um die Angst wegzunehmen. Auch in den nächsten 20 Jahren wird sehr wahrscheinlich kein Jesus leibhaftig erscheinen. Sie sitzen dort, bis sie ganz kaputt sind.

Ihr Satz „wer sich an Jesus hält, braucht sich nicht zu fürchten“ ist ihnen keine Hilfe. Sich an Jesus halten bedeutet auch, zu ihm  zurückkehren wollen – und das wurde ja durch die oben zitierten Sätze für bestimmte Fälle ausgeschlossen.

Luther säße auch längst in der Psychiatrie, auch er hat vor dem Hebräerbrief Angst gehabt, weil er ein gründlicher Denker war und mit dem Widerspruch nicht klar kam. Auch ihm erschien der Christus nicht leibhaftig, sondern er fand Frieden, indem er den Hebräerbrief für apokryph erklärte. (bitte nachlesen in der Vorrede zum Hebräerbrief)

Mich wundert, dass Sie Theologin sind, und nicht wissen, dass Luther nie Frieden gefunden hätte auf der Basis des heute gültigen Kanons. Luther hat – so engagiert er um den Glauben bemüht war -auch nie Jesus gesehen. Er vermeinte kurzfristig einmal den Teufel in seinem Zimmer zu sehen und warf das Tintenfass nach ihm. Es kam kein Jesus vorbei, der ihn tröstete, und ihm den Hebräerbrief erklärte. Luther hat sich vom Hebräerbrief distanziert  So fand er Frieden und so blieb es.

Gläubige heute sind so dressiert, dass sie denken, dass sie eine schwere Sünde begehen, wenn sie Luthers Beispiel folgen. Sie fürchten das Wort der Offenbarung: „wer etwas hinwegnimmt von diesem Buch, dem wird Gott hinwegnehmen den Anteil am Paradies“ (Offb 22,19) usw.

Deswegen schlagen wir ein anderes Denkmodell vor, mit dem die Annahme eines überall im Kanon gültigen finalen Lehrsatzstils relativiert wird.

Dieser Ansatz ist erprobt und hat auch schon Menschen geholfen, sich aus der Klemme, in der Luther steckte, zu befreien. Das ist doch Grund genug, Menschen in Not diesen Lösungsweg einmal bekanntzumachen und ihnen die Entscheidung zu überlassen, wieviel und was sie davon übernehmen wollen. Lassen Sie die Gläubigen doch ihr Recht auf religiöse Selbstbestimmung wahrnehmen!  Warum muss man sie bevormunden?

Sie kritisieren diese Methode, die in vielen Jahren gründlicher Arbeit mühsam erarbeitet worden ist,  obwohl Sie nicht eine einzige Aussage davon untersucht und widerlegt haben, obwohl Berichte vorliegen, dass sie einzelnen Menschen geholfen hat. Finden Sie das fair?

Was können Sie denn dagegen haben, wenn Seelsorger verzweifelte Menschen auch über diese Methode informieren, wenn zumindest eine kleine Chance besteht, dass sie einigen helfen könnte, denen bisher nicht geholfen werden konnte?

Ich hab ja nichts dagegen, dass Sie mit einer optimistischen Einstellung Sicherheit erlangen können, ohne tiefer über Vertragstexte und die Nöte gründlicher Bibelleser nachzudenken. Aber bitte machen Sie doch nicht ihre subjektiven Empfindungen zum verbindlichen Maßstab für andere. Ihr Vorschlag spiegelt Ihren persönlichen Optimismus wieder, mehr nicht. Es sind die typischen Standardphrasen aus der Schublade – mit denen man sich größeren gedanklichen Aufwand spart.

Fragen Sie doch bitte mal Psychiater, die sich jahrelang mit Patienten mit Verdammungsangst herumplagen, die können Ihnen vielleicht mitteilen, wie seriös und hilfreich solche Schubladenantworten sind.

Es gibt viel Literatur zum Thema und auch viel Material dazu auf unserer Webseite, das hilft, die Prozesse und  Kräfte in der Seele nachvollziehbar darzustellen und zu bewerten. Leute, die die Wichtigkeit des Themas erkannt und viel Mühe und Zeit darin investiert haben,  wissen viel dazu zu sagen, aber sicher nie den Satz: „es ist egal, ob sich Aussagen widersprechen. “ Ich verweise noch einmal auf das Beispiel des Bräutigams und der Braut im letzten Mail.

Mit freundlichem Segenswunsch

Christian Rahn

 

3b. Auf diesen Brief kam keine Antwort mehr.

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Artikel aktualisiert am 11.01.2022

3 thoughts on “Verstand verloren?”

  1. Ich muss mich korrigieren bzw. den Satz „Hebr 2,3 erwähnt den Autor und Hörer als drittes Glied in der Überlieferungskette“. In Hebr. 13,23 wird Timotheus erwähnt. Ich hatte das leider völlig übersehen. Der Verfasser des Hebräerbriefes ist mit Timotheus und sehr wahrscheinlich auch mit dem engen Mitarbeiterkreis des Paulus bekannt. (Apg 20,4) Es ist also möglich den Hebräerbrief relativ früh zu datieren – vor der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 n.Chr. – wenngleich diese Datierung auch von einigen bibeltreuen Theologen (Wuppertaler Studienbibel, Der Brief an die Hebräer, 1983, s.22) angezweifelt wird. Nehmen wir an, dass Paulus den Timotheus auf der ersten Missionsreise – etwa im Jahr 45 – als 20 jährigen Mann kennengelernt hätte, dann wäre Timotheus zum Zeitpunkt der Zerstörung des Tempels ca. 45 Jahre alt gewesen.

  2. Hallo Christian,

    ich bin anfangs auch über die Bibelstelle He 6:6 gestolpert, aber ich habe erkannt, dass dieser Brief an die Hebräer gerichtet war. Die Warnung des Autors geht dahin, nicht wieder in die alttestamentarischen Opferrituale zu verfallen. Jegliches erbrachtes Opfer mit dem Ziel Vergebung der Sünden zu erreichen, ist nach der Opferung Jesu Gotteslästerung. Das gilt auch heute noch. Keine Werke oder gute Taten können können unsere Sünden tilgen. Aber Er hat das nötige Opfer für uns erbracht. Wenn wir Sein Werk einmal anerkennnen, dann haben wir Heilsgewissheit. Gruss Torsten

    1. Lieber Bruder Thorsten,
      inwiefern schließt die Tatsache, dass der Brief an die Hebräer gerichtet war, die Möglichkeit zuverlässig aus, dass die Drohungen im Hebräerbrief auch anderen Gläubigen gelten? Jesus sagte von sich: „ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Volkes Israel“ (Mt 15,24). Obwohl fast alle seine Reden zu Juden gesprochen wurden, gibt es wohl kaum einen gläubigen Christen, der Jesu Mahnungen, Verheißungen und Warnungen in den Evangelien nicht auch als für sich gültig anerkennt. Ja, Jesu Wort „Ehe Himmel und Erde vergehen, wird nicht der kleinste Buchstabe, ja Tüttel im Gesetz vergehen, bis das alles geschehe.“ (Mt 5,18) – ein Wort, dass sich nun eindeutig auf das mosaische Gesetz bezieht – wird von sehr vielen bibeltreuen Gläubigen als Hinweis auf die wortwörtliche Inspiration und Unkorrigierbarkeit auch der Briefe des Paulus betrachtet, die an Heidenchristen gerichtet sind. Weiter sind Geschichten im Alten Testament überliefert „um der Gemeinde willen“. Paulus begründet seine Ermahnung, für das Wohl der Gemeindelehrer zu sorgen, sehr weitläufig und großzügig mit einem alttestamentlichen Gebot. „Denn im Gesetz Mose’s steht geschrieben: „Du sollst dem Ochsen nicht das Maul verbinden, der da drischt.“ Sorgt Gott für die Ochsen? Oder sagt er’s nicht allerdinge um unsertwillen? Denn es ist ja um unsertwillen geschrieben.“ (2.Kor 9,10) Hätte Paulus es nicht gesagt – wie viele Christen wären darauf gekommen, dass die Sorge für die Ochsen im AT ein Hinweis auf die Sorge für alle (!), d.h. auch für die heidenchristlichen Prediger ist? Im folgenden Kapitel erzählt er vom Zug der Israeliten durch das rote Meer und durch die Wüste und wendet die Geschichte – obwohl sie eindeutig nur Juden des alten Bundes in ihrer einmaligen geschichtlichen Situation betrifft – auf die Gläubigen in Korinth an. Gleichermaßen berichtet der Hebräerbrief vom Murren der Juden damals und ihrer Weigerung, das gelobte Land zu erobern. (Hebr 4,1-3) Wie will man zuverlässig ausschließen, dass nicht auch diese Geschichte eine Lehre und Warnung für Heidenchristen sein soll? Wo ist der Beweis? Erst wollten sie nicht kämpfen, dann durften sie nicht mehr, obwohl sie nun bereit waren, ihr Leben in der Schlacht einzusetzen. Ihre Reue, ihr verspätetes Vertrauen und ihre Opferbereitschaft nützte ihnen nichts mehr. Eine erschütternde, zutiefst erschreckende Aussage! Eine Parallele zu der nutzlosen Reue bildet die Geschichte von Esau, der sein Erstgeburtsrecht verkauft hatte und später daran nichts mehr ändern konnte. (Hebr 12,16-17) Heute stehen Gläubige nicht mehr vor der Aufgabe, an einer militärischen Invasion teilzunehmen. Sie schließen auch keinen Kuhhandel mehr mit einem Linsengericht ab. Die beiden uralten Geschichten verweisen auf Aktionen, die heute ganz anders aussehen, aber mit der Einstellung der Leute damals bestimmte fatale Gemeinsamkeiten haben. Eben weil man nichts Genaues weiß, eine Aktion mit einer Gemeinsamkeit aber unwiderruflich mit der Verdammnis endet, ist die bedrohliche Wirkung so groß. Die Definition der unvergebbaren Lästerungssünde als „Rückfall in alttestamentarische Opferrituale“ ist schwach. Ein wesentlicher Unterschied in der Heilsgewissheit bei Judenchristen und Heidenchristen ist unvereinbar mit Eph 2,14-18, wo es heißt, dass beide Glieder eines Leibes sind und gleiche Bürgerrechte im Reich Gottes haben. Wie Fritz Laubach in der Wuppertaler Studienbibel feststellt, gibt es in den frühchrlstlichen Quellen nicht einen einzigen Hinweis dafür, dass Judenchristen vom christlichen Glauben abgefallen und zun Opferkult zurückgekehrt sind. (1983, S.22) Das ist auch gar nicht das Thema des Hebräerbriefes, sondern die Herrlichkeit des ewigen Hohenpriesters Jesus. Hebr 2,3 erwähnt den Autor und Hörer als drittes Glied in der Überlieferungskette. Auch weist Hebr 13,7 daraufhin, dass ein erheblicher Teil der Vorsteher der Gemeinden schon gestorben ist. Deshalb liegt es nahe, den der Hebräerbrief nach der Zerstörung des jüdischen Tempels im Jahr 70 n.Chr. zu datieren, mit der der jüdische Opferkult seine Bedeutung gänzlich verlor.

      Somit hat Luther die Problematik zutreffend erfasst. Es bereitet keine Schwierigkeit, in unversöhnlicher Feindschaft zu Christus einen unumkehrbaren Zustand zu sehen. Doch in der Frage, wo die unvergebbare Lästerungsünde nun tatsächlich beginnt, wo die Grenze zur Unvergebbarkeit überschritten wird, sind bibelgläubige Theologen unterschiedlicher Ansicht. Die Bibel liefert zu diesem Thema nur ganz wenige Informationen. Die Sünde der Pharisäer in Mt 12,36 hatte nichts mit Opferritualen zu tun. In Luk. 12,10 ist der Kontext der unvergebbaren Sünde das Verleugnen vor Gericht, was an die Situation denken lässt, dass Christen ihren Glauben aufgeben könnten, um gerichtlicher Verfolgung zu entgehen. Hebr 10,27 bringt die unvergebbare Lästerung in die Nähe der „mutwilligen Sünde“, ein Begriff, der ebenfalls sehr unklar ist und zu unterschiedlichsten Sichtweisen geführt hat. Manche Prediger vertreten ja sogar die Auffassung, dass ein Gläubiger mit lange andauerndem Verzicht auf Gottesdienst oder Missionstätigkeit oder mit wiederholter Masturbation in die Nähe der mutwilligen Sünde geraten könne, dass er damit sein Heil quasi für ein Linsengericht der Lust eintauschen würde. Haben die damaligen Hörer des Briefes ähnlich ängstlich reagiert?

      Immerhin fordert der Hebräerbrief die Gläubigen auf, nicht ängstlich (Hebr 10,35-39) sondern „zuversichtlich zu sein, dass sie Gnade empfangen werden“ und begründet es damit, dass „Jesus ein Hohepriester sei, der mit unserer Schwachheit Mitleid habe“ (Hebr 4,15-16) Der Hebräerbrief sagt allerdings wenig darüber, wie diese Gnade praktisch aussieht. Um das zu erkennen, müssen wir in die Evangelien sehen. Dort erfahren wir z.B., dass Petrus, der in Todesangst schwur, Jesus nicht zu kennen, vergeben wurde und dass ihm darüber hinaus eine große Aufgabe in der Urgemeinde anvertraut wurde. (Joh 21,17 / Apg 2). Die Gnade Jesu ist größer als das Gesetz (Joh 1,17) Nur unter dieser Voraussetzung hat der neue Bund überhaupt größere Autorität als der alte bekommen. Diesen Vorrang betont der Hebräerbrief auch.

      Deshalb ist eins gewiss: es wäre ein „Eigentor“, es wäre sinnlos destruktiv, wenn wir die Drohungen des Hebräerbriefes so interpretieren, dass ein schlimmeres Gesetz als das mosaische aufgerichtet wird und die Einladung Jesu „kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid…“ (Mt 11,28) unglaubwürdig erscheint. … Der Neue Bund sollte die erlösen, „die ihr ganzes Leben lang durch die Furcht des Todes Knechte sein mussten.“ (Hebr 2,15). Auch zu Beginn des Lukasevangeiums wird Jesus als der gepriesen, der erlöst, „damit wir ihm dienen ohne Furcht unser Leben lang.“ (Lk 1,74) Der Neue Bund beinhaltet nachhaltige und gründliche Erlösung, die Priorität von Erbarmen und Liebe und hat nur deshalb den alten Bund abgelöst.

      Wir dürfen deshalb gewiss sein, dass die Drohungen des Hebräerbriefs – ungeachtet ihrer Wortsinns mit weitaus geringerem Rang eingeordnet werden müssen als die Einladung zum Heil und zum Vertrauen, die der Hebräerbrief ausspricht. Jeder Leser oder Hörer wird aufgefordert, sich „heute“ für den guten Weg zu entscheiden (Hebr 3,7), was keinen Sinn machen würde, wenn es weiter unklar bliebe, ob sein Heil nicht bereits „gestern“ irgendwo und irgendwie endgültig verloren gegangen wäre. Im Gegenteil: Alle gutwilligen Leser sind von der Möglichkeit der Verstockung ausdrücklich ausgenommen: „im Blick auf euch, ihre Lieben, sind wir eines besseren Schicksals gewiss, nämlich dass ihr dem Heil nahe seid“ (Hebr 6, 9). Der Verfasser des Hebräerbriefes ist „sich dessen gewiss„, dass er all den Lesern und Hörern hier und dort in der Diaspora, die er doch gar nicht persönlich kennt, „heute“ (Hebr 3,7) das Heil verkünden darf.

      Welche Funktion können wir den Drohungen sinnvollerweise zuordnen? Sie machen nur Sinn, wenn sie nicht im finalen Lehrsatz-Stil geschrieben sind, der der Einladung zum Glauben zukommt. Die Gemeinde steht vor der Verfolgung und hier besteht die Gefahr, dass Gläubige ihren Glauben aufgeben und auf die Seite der Gottesfeinde überwechseln. Wir dürfen die Drohungen des Hebräerbriefes als „worst case“-Szenario betrachten. (Perspektiv-Stil). Sie sind auf keine genau definierten Verhaltensweisen bezogen, sondern warnen vor der Möglichkeit, dass das Herz des Gläubigen durch fortgesetzte und reuelose Missachtung der heilsamen Ordnungen Gottes eines Tages vollständig und unumkehrbar verhärten kann. Diese schlichte Tatsache ist der schmale Berührungspunkt mit den alttestamentlichen Geschichten, die vom Hebräerbrief als Gleichnisse gebraucht werden.

      Wenn wir an der überragenden Bedeutung der Gnade festhalten wollen, die Grund der Überlegenheit des neuen Bundes gegenüber dem alten war, dann macht es Sinn, die Unmöglichkeit der Umkehr und Erneuerung und das „schreckliche Warten auf das Gericht“ auf die Zeit nach dem Tode zu beziehen, so wie der reiche Mann, vor dessen Schwelle Lazarus lag, nach dem Tod in einer Art „Vorhölle“ aufwachte, in der er nutzlose Reue empfand. (Luk 16,19 ff.) Wie sonst könnte der Hebräerbrief zum entschiedenen Vertrauen auffordern und alles „Zögern und Zurückweichen“ verurteilen? (Hebr 10,39)

      Je schwieriger die Argumentation wird, desto größer die Unsicherheit, desto verständlicher der Wunsch, den „gordischen Knoten“ mit einer einfachen Erklärung zu zerhauen. Gläubige können trotz dieser ungelösten Frage Frieden finden und optimistisch sein, wenn sie eine durchgehend positive und menschenfreundliche Gottesvorstellung entwickeln konnten. Die „Erklärung“ reicht zwar nicht aus als Beweis, aber ist kann zumindest ein Verweis sein auf einen uneingeschränkt gütigen Gott, von dem man sich bereits erwählt weiß. Optimismus ist jedoch nicht jedem Gläubigen möglich. Auch Luther konnte nicht optimisisch sein. Eine brutale Erziehung, schwere Schicksalsschläge, eine von Drohungen und Ängsten bestimmte religiöse Sozialisation erzeugen jede Menge Unsicherheit. Sie wird weiter vergrößert durch bestimmte biblische Problemstellen, die die Vorstellung eines Gottes mit einem zweideutigen Charakter und unvorhersagbarer Handlungsweise entstehen lassen, und deshalb schwer ins Gewicht fallen. Hätte die „Erklärung“, die Sie hier anbieten, für Luther ausgereicht? Ich kann es mir nicht vorstellen. Er und mit ihm etliche alte Kirchenväter haben deshalb einen anderen Lösungsweg gesucht

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