Vorsicht Idealisierung

Idealisierung ist eine Methode, deren sich Religionen und Ideologien gerne bedienen. Sie stellen einen Anspruch an die ganze Hingabe des einfachen, geführten Menschen und lassen konkurrierende Leitfiguren und Leitideen nicht zu. Deshalb werden Leitfiguren und Leitideen als konkurrenzlose, vollkommene Personen und Ideen präsentiert. (Idealisierung) Sie sind jeder Argumentation entzogen, denn ein höherer Standpunkt, von dem aus eine Beurteilung aus stattfinden könnte, existiert per Definition nicht. Der Gläubige ist damit der Pflicht enthoben, auf Argumente reagieren zu müssen. Er darf sich mit dem Inhalt nicht befassen, er tut gut „sich die Ohren zuzuhalten“ (Apg 7,57 ), denn alles was diese Ideale in Frage stellt, ist Sakrileg, Gotteslästerung, eine Verletzung heiligster Tabus.

Umgekehrt dürfen sich die Vertreter der Ideale als beinahe Vollkommene verstehen. Sie haben die Glaubenswahrheiten am ehesten verstanden und sie sind am ehesten in der Lage zu beurteilen, in welche Nähe der schlichte Gläubige zu diesen Idealen steht. Somit wachen sie auch über die Hierarchie in der Glaubensgemeinschaft.

Eindeutig eine Win-Win-Situation: Die Vertreter der Ideale gewinnen an Macht, da sie engste Verbundenheit mit der höchsten Autorität beanspruchen dürfen. Die schlichten Gläubigen gewinnen auch: Schutz vor Verunsicherung und Gewissheit besonderer Gläubigkeit. Wenn sie alle, die fragen und prüfen wollen, zurechtweisen und zum Schweigen bringen, so erweisen sie sich mit diesem Bekenntnis als die wahrhaft Gläubigen, während alle anderen nur Tabubrecher, Gotteslästerer und Ungläubige sind.

Nun fragen wir doch mal: darf man eigentlich prüfen, ob solche Idealisierung biblisch ist?

Die Bibel sagt eigentlich, dass man alles prüfen darf: „Prüfet alles!“ (1.Thes 5,23) Bereits hier fangen idealbeflissene Theologen an zu stöhnen.

Und doch: ist das Dilemma nicht mehr als offensichtlich? Der einzige vollkommene Mensch, der nie gesündigt hat, war nach der Bibel Jesus. „Wer von euch kann mich einer Sünde überführen?“ (Joh 8, 46) Und jetzt kommen unvollkommene Menschen daher, die auf einer unvollkommenen Ausbildungsstätte Theologie studiert und aus der Hand unvollkommener Prüfer ihr Diplom empfangen haben, und wollen Gläubige verbindlich darüber belehren, was „vollkommene“ Ideale sind.

Redet hier nicht der Blinde von der Farbe?

Ein typisches und sehr vielsagendes Beispiel ist die Idealisierung der Maria zur angeblich sündlosen Gottesmutter. Anstatt bescheiden zu sein und demütig festzustellen, dass die Menschwerdung Gottes in der Person Jesu Christi ein undurchdringliches Geheimnis und einzigartiges Wunder ist, fangen idealbeflissene Theologen an, in diesem Geheimnis herumzuschnüffeln und sich und andere mit überflüssigen Fragen zu traktieren. So fragen sie sich z.B. wie es geschehen konnte, dass Jesus von der Sündhaftigkeit, die mit Adam in die Welt kam (Rö 5,12) und seither bei jedem Menschen zu finden ist, nicht „infiziert“ worden ist. Da seit Adam und Eva alle Menschen das Merkmal der Sündhaftigkeit haben und zur Strafe für diese Sündhaftigkeit sterblich sind (Röm 6,23), vermuten sie, dass Sündhaftigkeit irgendetwas etwas mit Vererbung zu tun hat, irgendwo in den Genen verankert ist, und bei der Zeugung an das Neugeborene übertragen wird („Erbsünde“). Diese Sichtweise wirft eine weitere Frage auf. Wenn Jesus Gott seinen Vater nennt, und Maria seine Mutter, wieso hat Maria dann ihre Sündhaftigkeit zusammen mit ihren Genen dann nicht an Jesus, ihren Sohn weitergegeben? Idealbeflissene Theologen bieten nun für dieses „Problem“ eine nach ihrer Ansicht clevere „Lösung“ an: Maria war „durch die besondere Gnade Gottes“ angeblich von Anfang an sündlos. Nur als sündlose vollkommene Frau konnte sie ein sündloses Kind gebären. Auf diese Weise wurde der Übertragungsweg der Erbsünde  unterbrochen. Aus der „Erkenntnis“, dass Maria nicht ein einziges Mal in ihrem Leben gesündigt hat, ergibt sich – ganz logisch – wieder eine neue Frage: „war Maria ein sterblicher Mensch wie andere auch? Musste auch sie sterben, obwohl sie als sündloser Mensch diese Strafe nicht verdient hat?“ Die „meisterliche Schlussfolgerung“: „Eine sündlose Maria kann nicht gestorben sein. Sie ist stattdessen noch zu Lebzeiten in den Himmel aufgenommen worden – so wie einst Henoch und Elia.“

Einen Denkfehler erkennt man sofort: Wenn Jesus eine sündlose Mutter brauchte, um selbst sündlos zu sein, warum kam dann Maria ohne sündlose Mutter aus? Wenn ihre Mutter aber auch sündlos sein musste, dann auch alle anderen Vorfahren, sogar die Eva im Paradies. Die war es nun nachweislich nicht. Wenn aber Maria keine sündlose Mutter brauchte, warum brauchte Jesus dann eine? 

Woher weiß man überhaupt, dass Maria etwas Substanzielles zur Menschwerdung Jesu beigesteuert hat? Woher weiß man, dass Gott den Körper Jesu nicht durch sein bloßes Wort erschaffen und dazu weder Sperma noch weibliche Eizelle brauchte? Was müssen Theologen in dieser schwachsinnigen Weise unbeweisbare Theorien konstruieren? Warum kann man nicht bescheiden sein und zugeben, dass man über dieses einzigartiges Geschehen nichts sicher wissen kann?

Doch ein abstruser Gedanke führte zum nächsten – wie ein Verhängnis, das nicht aufzuhalten ist. 1950 verkündet Papst Pius XII in der Apostolischen Konstitution Munificentissimus Deus („Der unendlich freigebige Gott“) tatsächlich das Ende der verrückten Gedankenkette, das Dogma der Himmelfahrt Marias.

So hat sich der Theologe wieder in seiner typischen Hochform gezeigt, nämlich als jemand, der in einem stockdunklen Raum eine pechschwarze Katze sucht, die nicht da ist, aber triumphierend ruft: „Ich hab sie!“

Zweifellos: für die katholische Kirche hat die Idealisierung Marias einen Nutzen. Das Ideal der Jungfräulichkeit, des Zolibats lässt sich auf diese Weise als fundamentaler Bestandteil der neutestamentlichen Heilsgeschichte präsentieren, sodass die Tatsache, dass der Mann Marias sowie viele Apostel Frau und Kind hatte, wieder in den Hintergrund gedrängt wurde. Die Kirche kann damit ihre Strategie einer auf die Spitze getriebenen Sexualitätsfeindlichkeit weiter verfestigen, mit der die Gläubigen vortrefflich einzuschüchtern sind. Auch der moralische Vorsprung, den Bischöfe und Priester dank des Zölibats gegenüber dem Gros der Gläubigen haben, wird bekräftigt.

Für die Gläubigen ergibt sich der Gewinn, dass Maria als Sündlose, die nun fast in Augenhöhe mit dem Erlöser steht, ja als Miterlöserin angesehen und bezeichnet wird, zu höherer Autorität gelangt und dass die Bitten, die der Gläubige ihr anvertraut, nun mehr Gewicht im Himmel bei Jesus, dem strengen Weltenrichter, haben. Außerdem dürfen sich Gläubige, die die neuen Dogmen verteidigen, als besonders gläubig ansehen und sich größeren göttlichen Wohlgefallens sicher sein.

Welche seelsorgerlichen Folgen kann die weitere Zementierung und Verschärfung der Sexualitätsfeindlichkeit für Gläubige haben? Dem Leser, den die Frage interessiert, ob die Ergebnisse dieser Theologie hilfreich oder destruktiv sind, sei unser Artikel Nr.1 zur giftigen Theologie empfohlen.

Das Dogma von der Sündlosigkeit Mariens ist noch aus einem anderen Grund pervers. Wenn Gott schon seit Beginn der Welt die Erlösung geplant hat, dann hat er auch die Sündlosigkeit Marias geplant. Gott kann Menschen sündlos erschaffen – wenn er nur will. Wie es ein gewisser Eadmer ausdrückte: Decuit, potuit, voluit, ergo fecit. Mit anderen (deutschen) Worten: Weil es der Heiligkeit Mariens angemessen (decuit) ist, weil Gott sie bewahren konnte (potuit) – und auch wollte (voluit), deshalb hat er es auch getan (fecit). Die Frage liegt doch auf der Hand: warum wollte es Gott bei den anderen Menschen nicht? Warum müssen sich dann all die anderen Menschen mit ihrer Begrenztheit, mit ihren verhängnisvollen Prägungen so herumquälen, die sie am Ende gar noch in die ewige Folter der Hölle bringt? Das alles im Namen der „Liebe“? Wie soll hier noch Vertrauen zu Gott entstehen?

Perverse Ergebnisse stören Gläubige nicht, die sich einer Ideologie verpflichtet sehen. Solange die daraus resultierenden Katastrophen nur andere Menschen betreffen, aber nicht sie selbst, ist der emotionale Gewinn, nämlich der Schutz vor Verunsicherung und religiöses Selbstbewusstsein, viel zu wertvoll.

Auch evangelikale Christen haben ihre Form der Idealisierung gefunden, die eben denselben Ertrag liefert: Schutz vor Verunsicherung und religiöses Selbstbewusstsein.

Wieder ist das von der Bibel ausdrücklich gebote Prüfen an bestimmten Punkten tabu. Wir sehen wieder die typischen Kennzeichen der Idealisierung: es entwickelt sich eine Kultur des Selbstbetruges. Auf schädliche Nebenwirkungen wird kaum oder gar nicht reagiert. Die Lügen können offensichtlich sein, die Nebenwirkungen katastrophal – es hilft alles nichts.

Wieder dieselbe Situation: es genügt Ideologen nicht, dass Jesus der einzig vollkommene Mensch warNur wird diesmal nicht Maria die Eigenschaft der Vollkommenheit angedichtet, sondern allen Verfassern der biblischen Texte. Es genügt evangelikalen Ideologen nicht, was Gott genügte, als er seine unfehlbaren Worte gläubigen Menschen anvertraute, die ehrfürchtige Scheu vor eigenmächtiger Verfälschung hatten und alles so gut weitergaben, wie sie es verstanden in ihrer menschlichen Begrenztheit. Stattdessen wird behauptet und gefordert, dass sich diese Menschen wenigstens für die Dauer, in der sie ihre Texte schrieben oder zusammenstellten, in einem Zustand „vollkommener“ Weisheit befanden, die auch nicht den kleinsten Fehler zuließ. Weiter wird allen Gläubigen der späteren Jahrhunderte, die entschieden haben, welche Texte in den Kanon irrtumsloser Schriften aufgenommen sollten, dieselbe „Vollkommenheit“ angedichtet.  Wenigstens für die Dauer ihrer Entscheidung wurden sie mit vollkommener Weisheit ausgestattet, die jeden Irrtum ausschloss. Allerdings bestand über Jahrhunderte unter christlichen Gläubigen keine Einigkeit, was alles zum Kanon gehört, was aber nur wenige Evangelikale wissen. (siehe dazu z.B die Einschätzung Luthers  sowie Untersuchungen zur Kanonbildung insbesondere des Neuen Testaments)

Da den biblischen Autoren vollkommene Weisheit – wenn auch nur befristet – zur Verfügung stand, gelang es ihnen – so glaubt man – , ein vollkommes, völlig fehlerfreies Produkt, die Heilige Schrift zustande zubringen, die sich angeblich selbst als „unfehlbar“ und „fehlerlos“ bezeichnet. (Doch wie überzeugend sind diese „Schriftbeweise“?) Die Vertreter dieser Sichtweise behaupten, das könne ja gar nicht anders sein, denn wenn es nicht so wäre, „könne kein Mensch erkennen, was Gotteswort und was Menschenwort sei.“ Dann „wäre jede Aussage in der Bibel unsicher“ und „der Glaube ginge verloren“.

Tatsächlich? Als ob wir nur ein Stück Papier hätten und es gar keinen lebendigen Gott gäbe, der sich um den Glauben seiner Kinder kümmert! (Luk 22,32 / Apg 3,16) Selbst wenn manche Verheißung nicht 100% im Wortlaut korrekt überliefert sein sollte, so steht doch die Liebe Gottes unwandelbar fest und diese Liebe lässt Gott stets mehr geben als seine Kinder fassen können. (Eph.3,20) Wenn zwei Menschen, die sich lieben, einen Ehevertrag schließen, so wird ihre Beziehung sich nie auf den Buchstaben dieses Vertrages oder dessen 100%ige Korrektheit reduzieren lassen. Die Kraft der Liebe ist immer größer als der Buchstabe. Vertrauen wird durch Erfahrungen mit dieser Liebe belohnt.  Der Apostel Paulus spricht von der „über alle Maßen großen Kraft, die in den Gläubigen wirkt.“ (Eph 1,19) Wie kann man da behaupten, dass man ohne einen 100% fehlerfreien Text von Gott „NICHTS“ wüsste. Mit dem Gottvertrauen sind objektive Wahrnehmungen verbunden, die über subjektive Wunschvorstellungen deutlich hinausgehen. Nahet euch zu Gott,so naht er sich zu euch.“ (Jak 4,8)  Selbst wenn gelegentlich Ungereimtheiten im biblischen Text auftauchen sollten, so „gibt Gott gerne Weisheit dem, der ihn darum bittet„. (Jak 1,5) Sofern man darauf vertraut, dass Gott diese Weisheit geben will. Wer nicht vertrauen will und lieber zweifelt … erhält nichts! Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht; denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswoge, die vom Winde getrieben und aufgepeitscht wird. Ein solcher Mensch denke nicht, dass er etwas von dem Herrn empfangen werde.“ (VV.6-7) Dank dieser Weisheit hat Maleachi die im Gesetz erlaubte Ehescheidung als Unrecht entlarvt (Deu 21,14 / Mal 2,14-15), haben die Apostel die Bedeutungslosigkeit des strenge Sabbat- und Beschneidungsgebotes für die Gläubigen des neuen Bundes erkannt (Apg 15, 19-20 / Rö 14,5 / Gal 5,3-6)

Statt nun zu vertrauen, dass Gott auch heute noch Weisheit geben und diese Lücken im Sinne der Liebe schließen könne, haben perfektionistische Theologen der Gemeinde das Kuckucksei des grundsätzlichen Misstrauens ins Nest gelegt: Das einzige, was man gelten lassen kann, ist der buchstäbliche Sinn. Wenigstens kann der buchstäbliche Sinn von Theologen verwaltet, verteidigt und den Menschen aufgezwungen werden,  mag er auch noch so destruktiv sein. Da mit Theologie Macht und Einfluss gesichert werden, werden Theologen nicht müde zu propagieren, dass Gott sich mit dem buchstäblichen Sinn quasi selbst an die Kette gelegt hätte, dass er  heute angeblich keine Weisheit mehr zum Text geben könne, die über den Wortlaut hinausgehen oder ihn gar verbessern würde.  Der Gläubige heute könne also gar nichts weiter tun als das, was da ist, auch das offensichtlich Destruktive als fertige und unübertreffliche Weisheit zu etikettieren. Solche Theologen stört es nicht im geringsten, dass damit bei Gläubigen, die weder optimistisch sein noch gut verdrängen können, ein Gottesbild entsteht, das bösartige und gutartige Eigenschaften in sich vereint und das Vertrauen ebenso sehr untergräbt wie aufbaut. 

Wer die Bibel liest, solte eigentlich erkennen können, dass die meisten der Glaubensväter gar keine vollständige Bibel zur Verfügung hatten und auch keine brauchten, um Gott zu vertrauen. Brauchte ein Dietrich Bonhoeffer eine fehlerlose Bibel, um Gott zu vertrauen?

Zweifellos wieder eine Win-Win-Situation: Die Gläubigen werden die Angst vor diesem Schreckensszenario auf einfache Weise los, und sie dürfen sich – da sie bereit sind, wider besseres Wissen zu glauben – als die Elite der Erwählten fühlen. Die in Punkto Irrtumslosigkeit unfehlbaren Theologen ernten eine gewaltige Aufwertung ihrer Autorität: ihnen sind die Gläubigen Dank schuldig, dass sie überhaupt „glauben“ können,  nur bei ihnen ist die ganze Wahrheit und Klarheit zu fnden, sie allein sind befugt, die Heilige Schrift für den Gläubigen verbindlich auszulegen. 

Die Drohung, ohne das Dogma der Irtumslosigkeit wäre der Glaube zerstört, erscheint auf den ersten Blick so plausibel, dass viele Gläubige in Panik geraten. Diese sofortige Panik, nicht etwa Überzeugungskraft, ist die wichtigste Ursache für den Erfolg des Dogmas der Irrtumslosigkeit bei gläubigen Christen.

Gedankenlose Furcht macht blind für die Tatsache, dass es eine fleischliche und eine geistliche Weise der Glaubenssicherung gibt.

Die Bibel ist kein totes Objekt für die Textanalyse, auch kein Gemisch von guten und schlechten Erbsen, die ein frustriertes Aschenbrödel in nervenzermürbender Arbeit auseinander zu dividieren hätte. Überlassen wir die Leute, die das unbedingt wollen, sich selbst! 

Die Bibel lebt, und der Geist Gottes in ihr kommuniziert mit demselben Geist, der in dem wiedergeborenen Gläubigen lebt. (1.Kor 2,12-16)

Das, was unser Interesse an der Bibel erweckt, ist die Person Jesu. „Durch ihn ist Gnade und Wahrheit zu den Menschen gekommen„. (Joh 1,17) Er ist es, der seinen Freunden, den heiligen Geist gibt (Joh 16,13 / 1.Kor 12,8), ihnen seine Einstellung übermittelt, den „Sinn Christi“ (1.Kor 2,16), und sie seine wichtigsten Qualitätsstandards „Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Verlässlichkeit“ (Mt 23,23) verstehen lässt. Mit ihrer Hilfe lässt sich prüfen, ob ein in der Bibel vorgefundener Text für das geistliche Leben nützlich oder schädlich ist, ob er „Nahrung“ ist oder „Impfstoff“, der durch eine Lösung „im Sinne Jesu“ (1.Kor 2,16) ersetzt werden muss.

Ist der Gläubige in dieser Einstellung tätig, macht er gute Erfahrungen, erlebt die Nähe Jesu, nimmt eigenes geistliches Wachstum wahr, und seine Glaubensfreude wächst.

Hochwertige Nahrung für den Glauben gibt es reichlich. Impfstoffe dagegen kommen nur in kleiner Menge, d.h. selten (!) vor. Sie dürfen und können nicht als „Nahrung“ oder als „Hinweise zur Orientierung“ missbraucht werden. Sie sind Übungsaufgaben, die der Gläubige bearbeiten und korrigieren soll. Wir haben eine Liste von 6 Aussagen zusammengestellt, die in der Geschichte nachweislich äußerst schädlich gewirkt haben.

Vertreter der Vollkommenheitsideologie bearbeiten sie nicht, sondern ignorieren und verdrängen sie und bezeichnet sie zugleich als „irrtumslos“. Wenn Destruktives als „vollkommen“ oder qualitativ hochwertig bzw. als „genießbare Nahrung“ ausgegeben wird, wird gelogen und durch Lügen wird der Glaube geschädigt und geschwächt.

Wenn Destruktives als fehlerhaft, unvollkommen und verbesserungsbedürftig bezeichnet und dann noch durch eine konstruktive Lösung verbessert werden darf – alles im Namen Jesu, in seinem Geist und mit seiner Hilfe – dann wird die Vertrauenswürdigkeit des Glaubens und damit auch der Bibel als „Brief Gottes an uns“ gestärkt.

Gott braucht keine Propaganda, keine Illusionen und keine Ideologisierung.

Idealisierung ist eine Art „Saulsopfer„. Es scheint notgedrungen die einzig sinnvolle Lösung zu sein, sieht auch sehr fromm aus, ist aber eine Dummheit, die man später bitter bereuen wird. Vor dem Kampf mit den Philistern sollte ein Opfer dargebracht werden, um den Segen Gottes zu erflehen. Dieser Opfer durfte nur der von Gott erwählte Prophet Samuel darbringen. Da aber Salomo auf sich warten ließ und der König Saul befürchtete, dass ihm bei weiterem Warten Soldaten davonlaufen könnten, entschloss er sich, dieses Opfer selbst darzubringen. Kurz darauf erschien Samuel und kündigte ihm die Strafe für diese Sünde an: der Verlust seiner Königswürde. (1.Sam 13,7-13) Das war die Höchststrafe – nur der Verlust des Lebens wäre noch schlimmer gewesen. Die Panik Sauls entschuldigte gar nichts.

Seine Soldaten sind in einem kindischen Aberglauben befangen. Auf die einfache Tatsache, dass Gott da ist und dass sein Volk unter seinem Schutz steht, können sie sich nicht verlassen. Stattdessen setzen sie all ihr Vertrauen auf die Zeremonie. So wie eine Zaubererei nur „wirkt“, wenn man alle Rituale „richtig durchführt“, so hoffen sie mit einer Zeremonie Gott zu verpflichten, seinem Volk zu helfen. Diesen Irrtum, der Gott beleidigt, hätte Saul korrigieren und zum Gottvertrauen aufrufen müssen. Stattdessen macht er denselben Fehler auf seine Weise noch einmal: trotz aller erlebten Wunder vertraut er nicht darauf,  dass Gott da ist und gerne hilft. Nur das Sichtbare, die Zeremonie kann ihn retten, kann die Angst seiner Soldaten dämpfen und sie hindern, wegzulaufen.

Gläubige, die sich mit einer Idealisierung behelfen, machen ähnliches: das Vertrauen in einen lebendigen Gott, der den Glauben lebendig erhält, ist nicht mehr da. Man verhält sich so, als ob man nur etwas Sichtbares, etwas Handgreifliches wie den gedruckten Bibeltext hätte. Man will retten: nicht den Glauben an einen Gott, der Wahrhaftigkeit liebt, sondern eine Ideologie, die sich dieselbe Eigenschaft zuschreibt wie der Bibel – Unfehlbarkeit – und die sich deshalb einer unparteiischen Prüfung nach 1.Thes 5,21 nicht stellen kann. Die Nebenwirkungen interessieren nicht – mögen sie auch noch so destruktiv und leicht zu erkennen sein. Die panische Angst vor dem „Glaubensverlust“ rechtfertigt ja alles.   

Im Geist habt ihr`s begonnen, wollt ihr es tatsächlich im Fleisch vollenden?“ (Gal 3,3) Welche Vermessenheit und Dummheit: mit verbotenen Mitteln, mit faulen Tricks, mit Lügen den „Glauben“ fördern zu wollen! Frommer Wahn! „Wollt ihr Gott verteidigen mit Unrecht und Trug für ihn reden? Wollt ihr für ihn Partei ergreifen? Wollt ihr Gottes Sache vertreten? Wird’s euch auch wohlgehen, wenn er euch verhören wird? Meint ihr, dass ihr ihn täuschen werdet, wie man einen Menschen täuscht? Wird er euch nicht hart zurechtweisen, wenn ihr heimlich Partei ergreift?“ (Hiob 13,7-10).  Unvollkommene Theologen wollen den Gläubigen vorschreiben (!), was sie über die „Vollkommenheit“ der Bibel zu denken und zu lehren haben, ja sie sollen wider ihr Gewissen die greulichsten Scheußlichkeiten für rein und gut erklären lernen. Die Basis dieses Wahns ist nicht Vertrauen in Gott, sondern Angst, panische Angst, dass Leute weglaufen können und dass der eigene Einfluss verlorengeht. 

Jesus stellte den Leuten das Weglaufen frei: „wollt ihr auch weggehen?“ (Joh 6,67) Wer das nicht kann, wem Einfluss wichtiger ist als Wahrhaftigkeit, der hat kein Recht, andere zu lehren. Das Recht, als „Stellvertreter Christi“ auf Erden aufzutreten und Gläubige in die Zwangsjacke seiner unvollkommenen Ideen zu sperren, hat er ohnehin nicht.




Quellen zur Marienverehrung:

Artikel der Karl-Leisner-Jugend über Maria: http://www.k-l-j.de/044_maria.htm
Artikel von Dr. L. Neidhart: http://www.catholic-church.org/ao/ps/immaculata.html
KKK Absatz 6 Maria die Mutter der Kirche (s.Satz 966): http://www.vatican.va/archive/DEU0035/__P2H.HTM
kath.net zur Himmelfahrt Marias: http://www.vatican.va/archive/DEU0035/__P2H.HTM
Artikel der kathpedia zur Konstitution „Munificentissimus Deus“: http://www.kathpedia.com/index.php?title=Munificentissimus_Deus_%28Wortlaut%29

Artikel aktualisiert am 27.04.2020

1 thoughts on “Vorsicht Idealisierung”

  1. Ja, Idealisierung von Kirchen – Oberen
    Ist ein häufig anzutreffendes Problem in der Kirche. Gemeindemitglieder orientieren sich gerne an Vorbildern. Soweit so gut. PROBLEMATISCH wird es nur dann, wenn keine abweichende Meinung zugelassen wird und sich der, der etwas Neues bringt, verstecken muss, weil er mundtot gemacht wird. Diese Herden-Mentalität trifft man oft in Kirchen und anderen ORGANISATIONEN, Wo es um Befehl und Gehorsam geht. Es geht im engeren Sinn um eine unmerkliche Auflösung der eigenen Meinung.

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