Der Gewinn, wenn man sich seiner inneren Zerrissenheit stellt

Der Gewinn, wenn man sich seiner inneren Zerrissenheit stellt

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03 Sich seiner inneren Zerrissenheit stellen 160114

Sich seiner inneren Zerissenheit stellen

Wenn wir wirklich an die Gnade Gottes glauben,
dann befreit uns das zu großer Ehrlichkeit.
Ich lese dazu diesen beeindruckenden Text von Paulus.
Es ist erstaunlich
wie psychologisch und wie ehrlich Paulus sich selbst reflektiert.

„Wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist.
Ich aber bin ein unvollkommener Mensch.
Wie ein Sklave bin ich gezwungen
mich falsch zu verhalten.
Ich verstehe mich selbst nicht,
denn ich tue nicht, was ich eigentlich will
sondern was ich völlig ablehne.

Wenn ich aber nicht will, was ich tue,
gebe ich damit zu,
dass das Gesetz gut ist.
Genau genommen tue nicht ich das Falsche
sondern eine Macht in mir,
die mich dazu bringt
immer wieder zu sündigen.

Ich weiß, dass in mir als bloßem Menschen nichts Gutes ist.
Es fehlt nicht am Willen,
aber ich schaffe es nicht
das Gute in die Tat umzusetzen.
Das Gute, das ich will,
tue ich nicht,
sondern das Böse, das ich nicht will,
das tue ich.
Es ist wie ein Naturgesetz,
dass ich in mir vorfinde:
obwohl ich das Gute will,
komme ich vom Bösen nicht los.
Tief in mir gefällt mir das Gesetz Gottes
aber stärker als diese Freude ist die andere Kraft,
die diese Sehnsucht unterdrückt
und mich zwingt
der Sünde wie einem Naturgesetz zu gehorchen,
das in mir herrscht.
Ich verzweifelter Mensch !
Ich zerstöre mein eigenes Leben !
Wer wird mich von mir selbst befreien !

Ich danke aber Gott
und ich danke Jesus,
unserem Herrn.
Ich gebe im tiefsten Inneren der Weisung Gottes recht.
Zugleich aber kann ich in meinem Verhalten
dem Hang zur Sünde nicht widerstehen.
Trotzdem wird niemand verurteilt,
der mit Jesus Christus verbunden ist.
Denn das Naturgesetz des Heiligen Geistes
gibt dir ein neues Leben.
Es verbindet dich mit Jesus
und dieses Geistesgesetz hat dich freigemacht
vom Gesetz der Sünde und des Todes.“

Unser Gott, wir beten darum,
dass wir diese tiefen auch provozierenden Worte
ein wenig besser verstehen
und dass du dein befreiendes heilendes Wort,
in unsere Herzen hinein sprichst.
Amen

liebe Schwestern und Brüder,
erkennen Sie etwas von sich, von ihrer eigenen Erfahrung
in den Worten des Apostels wieder ?
Ich muss zugeben:
bei mir ist das der Fall !
Ich vermute, dass es auch den meisten Menschen so geht,
jedenfalls dann, wenn wir ehrlich werden,
wenn wir uns ehrlich anschauen.

Vermutlich würden wir es nicht in derselben Radikalität formulieren,
zum Beispiel auch nicht sagen: in mir ist gar nichts Gutes.
Das ist schon eine sehr drastische Sicht
Hat nicht jeder Mensch immerhin ein bisschen Gutes,
ein bisschen Liebe in sich.
Auch bei Paulus:
ist da nicht auch viel Gutes,
wenn er sagt:
ich habe den Willen zum Guten … ?
Ist das nicht immerhin schon mal positiv ?

Andererseits hat Martin Luther
mit scharfer Beobachtung gesagt,
dass selbst in unseren besten Gedanken und Taten und Worten
immer noch negative Anteile sind,
besonders Motive,
die, wenn wir sie einmal ehrlich und präzise anschauen,
uns selbst nicht wirklich gefallen,
die wir auch nicht gerne vor anderen eingestehen würden,
die uns selbst kaum bewusst werden.
Denken wir nur an jene Krankenschwester,
der ein Patient für ihr selbstlose, liebevolle, treue Hilfe dankte,
worauf sie geantwortet haben soll:
„das habe ich gern getan
und ein paar weitere Edelsteine an meiner himmlischen Krone hinzuverdient.“
Zugegeben ein plattes Beispiel.
So würde kaum jemand von uns reden.

Aber es lohnt sich,
einmal unsere eigene Taten und Worte genauer anzuschauen
und zu gucken, was uns alles dazu leitet,
so zu reden,
so zu handeln:
vielleicht Stolz,,
dass wir hinterher gut aussehen,
Verlangen nach Anerkennung anderer,
dass wir gut ankommen
oder auch Sorge,
die uns umtreibt,
wie das alles gehen soll,
wenn wir nicht immer alles geben.
Vielleicht begleitet unser Verhalten auch Ärger,
Ärger über die anderen,
die sich nicht so hineingeben wie wir.
Da kann eine ganze Menge an merkwürdigen und fragwürdigen Motivationen
so mitschwingen.

Ich sage das nicht,
damit wir eines Tages das alles völlig hinter uns lassen,
aber vielleicht ein bisschen weniger davon.
Es kann schon sehr befreiend sein für uns selbst
und für die Menschen, mit denen wir zusammen sind,
wenn wir uns selbst so ehrlich anschauen
wie es der Apostel hier macht,
immerhin ein Apostel.
In mir ist immer eine wilde Mischung,
eine Gemengelage
von positiven und negativen Gedanken und Motivationen
und Beweggründen,
manches voller Liebe
und manches ganz ohne Liebe

Für das Negative ist unter Christen der Begriff der „Sünde“ üblich.
Das Wort stammt vom alten Wort „Sund“, „Abgrund“
und damit wird der trennende Aspekt der Sünde angesprochen.
Sie trennt uns von Gott,
sie trennt uns vom Mitmenschen,
sie trennt uns sogar von uns selbst.
Jede Sünde entfremdet uns von uns selbst.

Das griechische Wort
das meistens da steht,
wenn Luther mit Sünde übersetzt,
das Wort „Hamartia“ das bedeutet: Zielverfehlung.
Wir haben denselben Gedanken auch in dem Begriff der „Verfehlung“
und dieser Aspekt meint,
dass wir beim Sündigen am Ziel vorbeigehen,
am Leben, an der Liebe, an unsere eigenen, eigentlichen Bestimmung vorbei leben
und deshalb auch immer frustriert bleiben,
enttäuscht bleiben
und den tiefen Sinn der Gebote vergessen.

Wenn Paulus hier vom Gesetz redet,
dann meint er nicht die Fülle der einzelnen Vorschriften der Bibel.
Er sagt: „das Gesetz ist geistlich“
das heißt, es ist geistlich gemeint,
es ist geistlich zu verstehen,
nur so.

Geistliches Verstehen ist etwas anderes als buchstäbliches Verstehen.
Ein nur buchstäbliches Verständnis ist möglicherweise Missverstehen.
Paulus sagte es so:
„Der Buchstabe tötet“,
wenn du versuchst
alles wörtlich zu befolgen.

Es kann passieren:
Beim Bibellesen taucht unversehens der Satan auf –
wie in der Versuchungsgeschichte.
Er versucht, uns die Bibel zu erklären.
Seine Absicht dabei ist aber, dass wir sie missverstehen.
Er weiß: ein knechtisches Verständnis wird uns geistlich umbringen.

Aber der Geist macht lebendig,
das geistliche Hören auf die Bibel.
Der Heilige Geist lehrt uns zu fragen: was will Gott wirklich ?
Alles kommt darauf an, dass wir auf den Heiligen Geist hören
und der Heilige Geist wird uns immer in Richtung der Liebe führen.

Paulus kann sogar sagen in Römer 13:
Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes.
Wer liebt, tut automatisch das,
was das Gesetz mühsam versucht zu beschreiben in vielen Formulierungen.
Wer liebt geht automatisch in diese Richtung,
aus dem Herzen heraus.

Wie die Christen in der Urgemeinde erstaunt feststellten,
können dabei sogar einzelne Gebote unwichtig werden,
sogar unrichtig werden,
zum Beispiel: die Forderung nach der Beschneidung
oder der Einhaltung von Speisevorschriften.

Aber so einleuchtend uns das alles ist
und so sehr wir dazu nicken und sagen ja der Prediger hat recht
– jedenfalls in dieser Sache –
so schwer ist das im Leben umzusetzen.
So oft gelingt es uns und mir nicht, wirklich Liebe zu leben
sondern wir versagen,
wir bleiben dahinter weit zurück.

Diese Tatsache versucht der Apostel Paulus hier zu beschreiben
und das Bewusstsein dafür zu wecken,
denn wir verdrängen das, so gut wir können
Wir schauen dieser Wahrheit nur sehr ungern ins Auge,
unser eigenen Unvollkommenheit.

Paulus will hier den Christen und Christinnen in Rom zeigen:
kein Mensch ist in der Lage
sich selbst zu erlösen.
Er will den Menschen ihre Unvollkommenheit,
auch seine Unvollkommenheit
vor Augen führen,
nicht um sie zu frustrieren,
nicht um zu degradieren,
sondern um ihnen zu zeigen,
wie der Weg zur Erlösung aussieht.

Alle Menschen sind Sünder, auch Christen,
die eigentlich die Weisungen Gottes gut und richtig finden
und sich danach sehnen, sie zu halten.
Auch sie sind Sünderinnen und Sünder.
Für die ersten Christen war das keineswegs so klar,
wie es für evangelische Christen sein sollte.

Selbst für uns,
die wir Martin Luther nun schon so lange gehört
gelesen und ein- und ausgeatmet haben,
ist es immer noch ein wenig unklar.

Ich kenne gläubige evangelische Christen,
die der festen Überzeugung sind,
dass Römer 7 von der Vergangenheit redet,
von den Nichtchristen,
die sich in diesem verzweifelten Ringen befinden,
aber nicht von den Christen.

Diese Leute sagen:
„Christen müssen nicht sündigen,
aber sie können es noch.“
Angesichts der Behauptung, dass sie nicht sündigen müssen,
sündigen sie dann doch ne ganze Menge.

Was soll dieser praxisfremde Denkansatz nützen ?
Wenn man so denkt …,
wenn man so denkt,
dass man eigentlich schon ziemlich volkommen ist,
dann muss man eine Menge verdrängen.
Das kriegen wir zweifellos ganz gut hin.
Das ist nicht zu schwer.
Was schwerer wiegt, das sind die Folgen,
die aus dieser Einstellung erwachsen:
oft nämlich eine Überheblichkeit,
wie wir sie in dieser Geschichte vom Pharisäer und Zöllner
von Jesus so drastisch vor Augen geführt bekommen,
seine Überheblichkeit: „ich bin geistlicher als andere.“

Manchmal erwächst daraus zusätzlich eine feindselige Haltung
wie zum Beispiel beim jungen Paulus,
sodass man wie er die anderen bekämpft
die nicht so genau die Gebote halten wie man selbst.

Aber eine dritte Folge vielleicht
neben dieser Überheblichkeit und Feindseligkeit
ist noch die schwierigste und schlimmste für uns selbst:
es ist diese Unehrlichkeit,
mit der wir den Kontakt zu uns selbst verlieren,
mit der wir uns selbst belügen und selbst etwas vormachen.
Das heißt: wir sind gar nicht wirklich bei uns selbst.

Und all diese Entfremdung und dieses Zerstörerische,
das will Jesus überwinden,
indem er diese Geschichte erzählt
vom Pharisäer und Zöllner
und uns damit sagt:
Du musst dich entscheiden,
du darfst dich entscheiden,
ob du da vorne in der Kirche stehen willst und dich selber lobst
wie dieser Super-Heilige
oder ob du ehrlich bist,
ob du dich selbst ehrlich anschaust.

Es liegt eine große Befreiung darin,
wenn wir uns dazu entschließen können
uns selber ganz ehrlich anzuschauen.

Und wenn wir das tun
liegt auch ein Schmerz darin.
In unserer Kultur haben wir eine Tendenz
Schmerz zu vermeiden,
Schmerz auszuweichen,
Spannungen zu verdrängen,
Schuld als bloßes Gefühl abzutun.

Dabei ist Schmerz so wichtig.
Schon physiologisch ist Schmerz wichtig.
Es gibt ja Menschen,
die können keinen Schmerz empfinden.
Sie sind in permanenter Gefahr
sich selbst zu verletzen.

Der seelische Schmerz ist wichtig,
er hat eine schützende Funktion,
er weist uns auf Brüche und Widersprüche in unserem Leben hin,
vor allem auf Verletzung der Liebe.

Wenn wir den abstrakten Gedanken der Sünde
durch den Gedanken der Verletzung der Liebe konkretisieren,
dann vielleicht finden wir den Zugang zum Schmerz.
Wenn wir uns überlegen:
wo habe ich Menschen verletzt in meinem Leben,
wo habe ich Menschen wehgetan,
Menschen die mir eigentlich am Herzen liegen,
Menschen, denen ich nur Gutes will,
trotzdem habe ich sie verletzt,
weil ich so selbstsüchtig, so ungeduldig, so dumm war …
und jetzt ist dieser Schmerz auf einmal da,
jetzt ist diese Schuld da.
Wissen Sie was ich meine ?

Wir verdrängen das so gut wir können,
aber es ist heilsam und gut
wenn wir uns diesem Schmerz stellen,
wenn wir uns dem aussetzen.
Es ist gut.
Paulus ermutigt uns hier
das zu tun.
Jesus ermutigt uns in diesem Gleichnis
genau das zu tun,
sich der inneren Realität, den inneren Widersprüchen, der Zerrissenheit zu stellen,
dem Versagen wirklich zu stellen.

Ich habe den Eindruck,
dass Paulus das auch sprachlich in seinem Text vorexerziert.
Er könnte eigentlich, was er hier mit einem langen Text sagt,
mit zwei oder drei Sätzen sagen.
Er könnte sagen: „ich weiß was das richtige ist ,aber oft mache ich es falsch.
ich versteh es selber nicht.“ Ende.
Dann könnte er zum nächsten übergehen.
Aber er wiederholt das und wiederholt das immer wieder,
er kaut das: diese Wahrheit ..
und ich vermute
dass er uns ein bisschen,
– indem er das so ausführlich beschreibt –
vorexerziert, vorführt,
wie wir mit unserer Zerrissenheit umgehen dürfen und sollen:
sie wirklich anschauen,
bis wir sie ganz durchdringen und verstehen.

Während er das tut
passiert etwas Überraschendes.
Vielleicht hat Sie das früher auch schon beim Hören oder Lesen überrascht.
Er beschreibt diese Zerrissenheit
und er kommt zu diesem Ruf
„ich verzweifelter Mensch,
wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes“.
Ich verzweifelter Mensch
ich bring mich selber um,
ich zerstöre mein Leben.
Wer kann mich von mir selbst befreien ?

Und dann auf einmal sagt er:
„ich danke Gott
und ich danke Jesus !“
und dann fällt er wieder zurück in den alten Gedanken:
„ich weiß eigentlich was gut ist
und ich schaff es nicht…“
und mitten drin dieser Dank …
Wie kommt das ?

Ich glaube, er zeigt uns damit etwas:
nämlich wenn du dich auf deinen Schmerz einlässt,
wenn du dich auf deine Zerrissenheit einlässt
und sie zulässt,
dann wird sich in dir etwas verändern.

Es wird sich in dir etwas verwandeln
nicht indem du das tust
sondern indem es über dich kommt,
indem du auf einmal merkst:
ich kann mich anschauen,
so wie ich bin
und ich kann es,
weil ich geliebt bin.
Ich kann es,
weil es eine größere Wirklichkeit gibt,
die mich umgibt
und die Liebe ist
und die mich anschaut,
unverwandt,
geduldig ohne Ende,
liebevoll anschaut so wie ich bin.

Dann kann ich mich selbst so anschauen
und auf dem Weg dieser ehrlichen Selbstanschauung
komme ich auf einmal in diese Liebe hinein,
in diese Liebe, mit der ich geliebt bin.

Luther sagt:
„In Christus allein
wirst du auf dem Weg
getroster Verzweiflung an dir und deinen Werken
den Frieden finden.“
Das ist genau diese Erfahrung
„In Christus allein wirst du auf dem Weg getroster Verzweiflung …“
was ist das für ein gewaltiges Wort:
„getroste Verzweiflung“.

Du kannst dich diesem Schmerz aussetzen
und gleichzeitig bist du ganz getrost.
Du weinst und zugleich bist du getröstet
in Christus
und findest Frieden.
Dieser Schmerz ist wichtig und heilsam
wie ein Fieber in einer Krankheit:
es zeigt die Krankheit an und überwindet sie zugleich.

Luther sagte:
„wenn ich noch länger leben sollte,
dann möchte ich ein Buch über die Anfechtung schreiben
denn ohne sie,
diese inneren Kämpfe
kann ein Mensch weder die Heilige Schrift
noch den Glauben
oder die Furcht und Liebe Gottes verstehen.“

Ja, wer niemals in Anfechtung war
kann nicht wissen
was Hoffnung ist !
Ohne die Anfechtung kommen wir nicht zu dieser Wahrheit,
dass wir geliebt sind,
bedingungslos geliebt sind.

Gott verurteilt uns nicht.
„Es gibt keine Verurteilung!“
sagt Paulus in Kap 8 Vers 1,
keine Verurteilung !

Wir können uns so anschauen,
weil wir uns vor keiner Strafe zu fürchten haben.
Das ist etwas, was praktisch keine Religion der Welt kennt:
alle lehren:
„du musst dir Mühe geben,
du musst dich anstrengen,
du musst dein Bestes geben…“

Und die Botschaft Jesu, die Botschaft der Bibel ist,
das, was Luther wiederentdeckt hat:
du musst es nicht,
weil du es gar nicht kannst
sondern du darfst dich entspannen,
-im Gegenteil – nicht verkrampfen, entspannen,
sein was du bist,
und dich mit deiner ganzen Fehlerhaftigkeit und Unvollkommenheit anschauen,
liebevoll anschauen und annehmen,
und dann sehen,
dass schon lange vor dir ein anderer dich unendlich liebevoll angeschaut hat
und dich an sein Herz zieht,

und diese Liebe, diese Barmherzigkeit dich so erfüllt und überflutet,
dass sie von innen her dich zu verändern beginnt,
nicht weil du Angst vor Strafe oder vor einem Nachteil hast,
sondern weil diese Liebe dich erfüllt und berührt
und du auf einmal Lust hast,
Lust, das Gute zu tun
in aller Unvollkommenheit,
nicht um gut da zu stehen,
nicht um irgendetwas zu erreichen
sondern auf einmal bist du befreit,
das Gute aus einem einzigen Grund zu tun,
weil es gut ist,
und zu lieben aus einem einzigen Grund,
weil du liebst.

Ist das nicht herrlich !
Das ist die reine Liebe !
Das ist das wahre Gute,
dass kein anderes Ziel verfolgt
als sich selbst.

Und das geht nur,
wenn wir uns nicht selbst erlösen müssen.
Es wird uns in diese Richtung ziehen,
wenn wir die Barmherzigkeit Gottes tief erfahren und glauben –
und wir werden trotzdem unvollkommen bleiben.

Vielleicht erscheint es manchem wie ein Kreislauf.
es ist ein Kreislauf von Fehler machen, Schmerzen empfinden
zurückkehren, aufstehen, weitergehen.
Vielleicht ist es so ein Kreislauf wie die Jahreszeiten
im Wechsel der Zustände sieht es manchmal aus
als ob sich alles wiederholt,
aber in Wirklichkeit
wächst und reift es
wie ein Baum.

Ich habe so eine große Buche in meinem Garten stehen
es ist wunderbar im Jahr zu sehen wie sie im Frühling grün wird
wie sie anfängt zu blühen
wie sie im Sommer ihr reiches Blätterkleid trägt,
aber dann lässt sie im Herbst alles bescheiden los.

Das ist dieses Wahrwerden, sich selbst in die Augen schauen,
ganz kahl werden, fast tot sein,
damit etwas Neues wieder kommt.
Darauf dürfen wir uns einlassen,
auf solche Ehrlichkeit
die uns die Natur zeigt.

Zum Schluss noch einmal Luther:
„Unser Leben ist nicht eine Frommheit,
sondern ein Frommwerden,
nicht eine Gesundheit,
sondern ein Gesundwerden,
nicht eine Ruhe sondern eine Übung.
Wir sind es noch nicht
aber wir werden es,
allmählich.“

Zu solcher Gelassenheit
sind wir berufen.
Dabei wird der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft,
unsere Herzen und Sinne bewahren
in Christus Jesus.“

Artikel aktualisiert am 05.04.2021