Gift Nr. 02

2. Behauptung: “Je mehr du für Gott an Geld und Zeit opferst, desto mehr wirst du in diesem Leben an materiellem Wohlstand zurückbekommen.”

Für religiöse Gemeinschaften ist diese Botschaft die ideale Einkommensquelle. Die Gläubigen geben ihr – vielleicht sauer verdientes – Geld in der Erwartung weg dafür später Wohlstand zurückzubekommen von irgendjemand, der nicht konkret fassbar ist. Vergelt’s Gott!

Begründen lässt sich diese Geschäftsbeziehung offenbar ganz einfach – mit der Bibel. Ist nicht genau das der wortwörtliche Sinn des folgenden Bibelwortes? “Bringt mir den Zehnten ganz in mein Kornhaus, auf dass in meinem Hause Speise sei, und prüft mich hierin, spricht der Herr Zebaoth, ob ich euch nicht des Himmels Fenster auftun werde und Segen herabschütten die Fülle.” (Mal 3,10) Tatsächlich?

Mit Segen darf der Gläubige rechnen. Immer wieder haben uns das die Zeugnisse von Gläubigen bestätigt. Doch wie sieht dieser Segen aus ? Wird er in klingender Münze ausgezahlt ?

Soll man wirklich glauben, dass Gott hier an Habgier und Geldliebe appelliert und dem auf materiellen Wohlstand fixierten Gläubigen, der sein Geld inzwischen in Immobilien, Wertpapieren, Edelmetallen, Versicherungen usw. angelegt hat, eine weitere  lukrative Anlagemöglichkeit schmackhaft machen will: die Einzahlung auf die Himmelsbank als “todsicherer Tip”, um noch mehr Geld in die Kasse zu bekommen ?

Die Kirche und religiöse Führer haben es oft behauptet. Naiv wie viele Menschen sind, hat man es allzu oft geglaubt. Doch kennt man Jesus wirklich so schlecht ? Lässt er sich wirklich vor den Karren eigensüchtiger und primitiver Wünsche spannen ? Er, der seine Jünger eindringlich ermahnte, sich “nicht Schätze auf Erden zu sammeln, die von Dieben gestohlen werden können” (Mt 6,19), und sie warnte “Hütet euch vor Habsucht, denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat” (Lk 12,15) und darauf das Gleichnis vom reichen Kornbauern erzählte  ?

Ist es wirklich im Sinne Gottes, wenn der Gläubige Menschen Freund­l­ichkeit erweist und das Motiv nicht Liebe sondern frommer Eigennutz ist?. Soll Gott das wirklich noch belohnen?  Mit dem Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner (Lk 18,10) zeigt Jesus: der Pharisäer, der mit seinem Zehntenopfer prahlt und mit Belohnung rechnet, verliert am Ende alles, selbst die Gerechtigkeit vor Gott! Welch schrecklicher Irrweg!

Wie seltsam, dass so viele Gläubige es nicht erkennen können: Auch diese (optimistische) Form der Werkgerechtigkeit ist völlig wertlos, ja sogar schädlich. Diese Einstellung ist von der echten Liebe, die uneigen­nützig und ohne Berechnung ist (1.Ko 13,5), weit entfernt. (Lk 18,10 ff) Sie verdirbt den Charakter, sie zerstört geistliches Leben, macht berechnend und sicherlich niemanden froh.

Werkgerechtigkeit ist Aberglaube. Der “Gläubige” ist der Überzeugung, den allmächtigen Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, durch sein Verhalten zum eigenen Vorteil beeinflussen und lenken zu können. Genausogut kann man sagen, der Gläubige versucht, sich den Schöpfer des Universums mit Wohlverhalten zu kaufen. Werkgerechtigkeit ist immer ein frommer Handel. Wenn man sich – wie gewünscht wird – verhält, dann – so glaubt man, erwirbt man einen Anspruch auf die Gegenleistung Gottes, die in diesem Leben in materiellem Glück und nach dem Tode im Erwerb der ewigen Glückseligkeit besteht.

Selbstgeschaffene “eigene Gerechtigkeit” wird leider von etlichen Gläubigen gar nicht als Sünde erkannt – besonders wenn die Gemeindelehre an diesem Punkt blind ist.

Naiv glaubt man, dass der Wille nicht durch den Sündenfall vergiftet worden sondern eine “neutrale Zone” geblieben sei. Manche Gläubige halten sogar die “emotionale Zone” für neutral. Nur die Verstandeskraft soll tief gefallen und verdorben worden sein, weshalb man sich auch wünscht, dass Gläubige den Verstand sparsam benutzen und Theologen und der Tradition “in blindem Vertrauen folgen“. (Mt 15,14) . Eine wahrer Aberglaube des guten Willens, dessen Verstrickung in sündige Motive nicht durchschaut wird.

Optimistische Werkgerechtigkeit ist auch deshalb gefährlich, weil sie – bei plötzlicher Selbsterkenntnis – in Pessimismus, Verzweiflung und Angst um das Heil übergehen kann.

Die Kirche hat ständig hohen Geldbedarf, und da interessiert das Faktum , dass genug Geld kommt, mehr als die Frage, auf welche Weise es zusammengekommen ist. Verständlicherweise wird nur sehr zurückhaltend oder gar nicht vor einer werkgerechten Motivation beim Geben gewarnt. Etwaige Bedenken lassen sich sehr leicht mit der Berufung auf die wortwörtliche Interpretation von Mal 3,10 zum Schweigen bringen.

Unlängst verkündete es wieder ein Fernsehprediger: “Ich hab noch nie gesehen, dass jemand Gott gerne geopfert hat und nicht von Gott materiell belohnt worden ist. Geben zahlt sich immer aus, vorausgesetzt dass der Gläubige ein Leben im Gehorsam gegen Gott lebt.” Nun, das klingt sehr glaubensstark und entspricht sicher auch dem wortwörtlichen Verständnis von Mal 3,10.

Doch wenn er noch nie gesehen hat, dass gebefreudige und treue Christen finanziell ärmer werden können, dann hat er wirklich noch nicht viel gesehen in seinem Leben. Oder er hat weggesehen, bei allem, was nicht zur eigenen Ansicht passte. Treue Christen werden genauso von Erdbeben betroffen und ruiniert wie ihre nicht-christlichen Nachbarn. Viele Christen in Nigeria z.B. sind genauso von Dürrekatastrophen und Missernten betroffen wie ihre nicht-christlichen Nachbarn. Ob sie viel oder wenig geben – sie werden durch ihre Gaben nicht in den Wohlstand katapultiert. (Worin der Segen besteht, wird im Kommentar zur nächsten Behauptung ausgeführt.)

Natürlich steht auch hierfür eine theologische “Erklärung” bereit: wenn die Verheißung des Segens nicht erfüllt worden ist, wenn Christen leiden, hungern oder verhungern – dann haben sie eben heimliche Sünde in ihrem Leben geduldet und sind zu wenig gehorsam gewesen…” Tatsächlich ? Eine “Erklärung”, die umstritten bleiben wird. Manchem erscheint sie sehr plausibel, andere – die sich besser informieren – werden sie als unbarmherzig und unfair empfinden.

Der Gläubige hört gerne Botschaften, die hohe Erwartungen wecken. Wenn es doch so einfach wäre, dass Gott das Opfer von Zeit und Geld schon in diesem Leben mit reichem materiellem Segen, beruflichem Erfolg und Erfüllung der eigenen Wünsche belohnt !

Mit diesen Erwartungen kann so manche Kirche Kasse machen, da negative Berichte über enttäuschte Hoffnungen als Beweis für die Sündhaftigkeit des Betroffenen gesehen werden und deshalb nur selten zur Sprache kommen. Und selbst wenn es viele ehrlich bekennen würden, man würde sie nicht anhören.

Besonders unverfroren trieb es ein Prediger, der auf seinem Werbeprospekt einen speziellen Segen versprach, falls die genannte Spende bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf seinem Konto eingegangen sei.

Was sagt die Heilige Schrift? “Etliche Gläubige haben die Erfüllung des göttlichen Versprechens zu Lebzeiten nicht erlebt.” (Hebr.11,39)

Gott lässt sich nicht manipulieren. Jesus lässt sich nicht kaufen ! Seine Ehre und Würde wäre dadurch beschmutzt.

Doch mit dem Segen, darf der Gläubige, der mit dem Motiv der Liebe und Barmherzigkeit gibt, fest rechnen. Jesus versicherte, dass Gott Treue belohnt. (Luk 19,12 ff). Berechenbar ist die Belohnung nicht. Sie ist wie das geistliche Leben “in Gott verborgen.” (Kol 3,3) Am Ende wird man es sehen: Gott macht einen “Unterschied zwischen dem Gläubigen, der ihm treu gedient hat, und dem, der es nicht tat.” (Mal 3,18)

So kann der Gläubige uneigennützig lieben um der Liebe willen, ohne dabei auf den Lohn und den eigenen Vorteil zu schielen. Ihm genügt die pauschale Verheißung, dass Gott eines Tages dafür sorgen wird, dass er am Ende nicht der Dumme ist.

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Artikel aktualisiert am 26.12.2019

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